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Wo genau liegen die Grenzen Europas? Eine Frage, mit der man ganze Grillabende unterhalten kann, insbesondere wenn man Ćevapčići und Döner serviert.
Die Europäische Union allein kann es nicht sein, denn wieso sollten San Marino, Norwegen und bald Großbritannien nicht dazu gehören? Außerdem wären dann Mayotte und Französisch-Guyana auch Teil Europas. Meere sind eine schöne natürliche Grenze, wobei Island europäisch sein will und Karthago viel mehr mit Europa zu tun hatte als der barbarische Teil Germaniens. Außerdem gibt es im Osten kein durchgehendes Meer. Das Uralgebirge ist doch eine ziemlich arbiträre Wahl. Unüberwindbar hoch ist es ja nicht gerade. Die Pyrenäen oder die Alpen sind höher, doch dadurch lässt sich niemand von Europa abschneiden. Und dann dieser dämliche Bosporus, ein nicht gerade beeindruckender Wasserlauf, über den sogar Brücken führen. Warum dann nicht die Wolga oder die Donau, an der entlang man tagelang gehen kann, ohne eine Brücke zu finden? Manche griechischen Inseln liegen nur ein paar Kilometer vor der türkischen Grenze. Und was ist mit Zypern?
Wie gesagt, ein endlos ergiebiges Thema für einen Grillabend. Und vielleicht kann man dabei sogar mal wieder den alten Atlas aus dem Kinderzimmer holen.
Für mich ist seit einer Reise durch den Kaukasus klar, wo die Grenze zwischen Europa und dem Orient liegt: Zwischen Georgien und Aserbaidschan, genau auf der Roten Brücke. An diesem Grenzübergang, je nach Sprache Krasny Most, Tsiteli Khidi oder Qirmizi Körpü gennant, was Ihr Euch alles merken müsst, weil Ihr nicht wisst, in welcher Sprache der Bufahrer das Schild ins Fenster stellt (und es außerdem Красный мост oder წითელი ხიდი schreibt), überschreitet Ihr die Schwelle von der einen in die andere Welt.

In Georgien ist alles ruhig und entspannt, aber sobald man in das Grenzgebäude auf der aserbaidschanischen Seite tritt, herrschen Chaos, Lärm und Hitzigkeit. Eine ungeordnete Traube von Menschen drängt sich vor den Abfertigungsschaltern, ohne dass einzeln zugeordnete Schlangen zu erkennen sind. Dazwischen schleppen und zerren die Einreisewilligen Säcke mit Kartoffeln, Brot und Sonnenblumenöl sowie zwei Kinderfahrräder. Die Leute beschimpfen sich, schreien sich an oder schlagen sich fast die Köpfe ein. Den aserbaidschanischen Grenzschützern scheint das egal zu sein. Ich kann keine der in den Streitgesprächen verwendeten Sprachen, und hoffe, dass alle Umstehenden merken, dass ich neutral bin. So fühlen sich also die Blauhelme zwischen den Fronten.
Etwas schieben und schubsen muss ich aber leider auch, denn sonst stünde ich nach einer Woche noch im Wartesaal. Mit meinem in Großbritannien erlernten zivilisierten Schlangenanstehstil mache ich hier keinen Meter gut.
Die eigentliche Grenzabfertigung geht zügig voran, schließlich habe ich vorher schon ein Visum beantragt und erhalten. Aber unmittelbar nach der Grenze, auf festem aserbaidschanischen Boden, wird es noch schlimmer.
Horden von Geldwechslern und Taxifahrern stürzen sich auf mich. Alle bestreiten, dass es einen Bus nach Ganja gibt. Der Bus nach Baku bestreitet, dass er durch Ganja fährt. (Gibt es überhaupt einen anderen Weg?)
Vor einem Laden streiten sich zwei Männer, weil beide behaupten, der Besitzer des Ladens zu sein, und mich auffordern, meine Flasche Cola beim einen anstatt beim anderen zu bezahlen.
Ich weiß, dass es einen Bus nach Ganja gibt. Es ist die zweitgrößte Stadt Aserbaidschans, und es gibt immer Busse, aber ich kann ihn nicht in Ruhe suchen, weil mir ständig vier oder fünf bärtige Männer hautnah auf der Pelle kleben und auf Aseri-Türkisch auf mich einschreien. Nur um wegzukommen, willige ich schließlich ein, dass mich einer von ihnen wenigstens nach Qazax fährt, den nächsten Ort, von wo ich hoffe, die Weiterfahrt nach Ganja in mehr Ruhe organisieren zu können.
Die Landstraße verläuft ziemlich gerade. Auf beiden Seiten heben und senken sich die Hügel, etwas ausgetrocknet (es ist Juli), aber dafür goldgrau. Der blaue Himmel ist durchsetzt von fotogenen kleinen Wolken. Traktoren fahren Heuballen nach Hause. Feldarbeiter reiten auf Pferden zur Kneipe. Eine Schafherde, die von einer Ziege angeführt wird, überquert die Straße und lässt sich vom heranbrausenden Taxi nicht aus der Ruhe bringen.

Es könnte schön sein, wenn ich nur nicht im Auto eine Lügners und Betrügers säße, der noch immer davon redet, nach Ganja zu fahren, und vorgibt, mich nicht zu verstehen. Notfalls muss ich in Qazax an einer Ampel rausspringen oder den Fahrer überwältigen. Allerdings sieht er gewalterfahrener aus als ich.
Wir passieren einen Armeetruck, sowjetisches Modell, der mit Brennholz beladen wird. Die Soldaten haben dafür einen der Bäume am Straßenrand gefällt. Vielleicht ist das Holz aber auch für eine nahe Möbelfabrik, deren Namen als Einziges noch an Europa erinnert: Avropa Mebel.
Als wir uns Qazax nähern, bitte ich den Taxisten, mich am Busterminal abzusetzen. Wie nicht anders zu erwarten, behauptet er, es gäbe keins. Jetzt reicht’s mir. „Klar gibt es ein Busterminal“, sage ich mit einem überlegen lächelnd und besserwissendem Gesicht. Es ist ein Bluff, aber die Stadt hat etwa 20.000 Einwohner und ist der erste größere Ort nach der Grenze. Da wird es schon einen Busbahnhof geben. „Habe ich noch nie davon gehört“, entgegnet der Fahrer, schulterzuckend wie ein Pokerspieler, dem dein Blatt egal ist, weil er dich am Ende sowieso abknallt.
Ich erhöhe den Einsatz: „Ich zeige Ihnen den Weg“, sage ich, weiterhin so lässig, wie wenn ich in dieser Kleinstadt in Westaserbaidschan aufgewachsen wäre. Aus dem Rucksack hole ich mein Tablet mit GPS und Maps.me, inständig hoffend, dass jemand den Busbahnhof eingezeichnet hat. Erfolg! Nicht nur zeigt es den Avtovağzalı an, sondern auch das Taxi als einen sich rasant auf die Stadt zubewegenden Pfeil.
Ent- und begeistert kann der Piratenfahrer kaum mehr seine Augen von dem fast in Echtzeit seine Position anzeigenden Pfeil nehmen. Ich packe es lieber wieder weg. Die Route habe ich mir gemerkt. Und siehe da, jetzt fällt auch dem Fahrer der Weg zum Busbahnhof wieder ein, wo er mich – das Zaubergerät hat ihm sichtlich Respekt eingeflößt – sogar direkt vor dem Bus zur Weiterfahrt nach Ganja absetzt, auf den er jetzt überraschend höflich und hilfsbereit hinweist.
10 Euro haben mich die 30 km unnützerweise gekostet. Einen schlechten ersten Eindruck von Aserbaidschan gibt es gratis dazu. Der hier gedrehte James-Bond-Film hieß „Die Welt ist nicht genug“, aber ich habe jetzt schon genug.
Natürlich darf man kein Land nach seinen Taxifahrern beurteilen, versuche ich mich zu beruhigen. Aber dann passiert in Ganja das Gleiche: Am Busbahnhof weit außerhalb der Stadt umringen mich wieder Taxifahrer, die sich gegenseitig anschreien. Der, in dessen Lada ich einsteige, kennt die Tebriz-Straße nicht (sie liegt im Zentrum) und muss die Herbergsmutter zweimal anrufen und einen Passanten nach dem Weg fragen. Weil es so länger als geplant dauert (wie auch immer man planen kann, ohne das Ziel zu kennen), erhöht er unterwegs den Fahrpreis von den vereinbarten 10 auf 20 Manat (= 10 Euro). Wenn man hier kein Türkisch oder Russisch kann, ist man echt der Depp.
Drei Tage später komme ich erschöpft, ausgelaugt und etwas verstört (danke an die Aliyev-Familie!) zurück an die gleiche Grenze. Dieses Mal kenne ich mich aus und lasse mir keine überflüssigen Transportdienstleistungen aufschwatzen. Nur meine verbliebenen Manat werde ich noch bei einem Geldwechsler los. Hier funktioniert die Konkurrenz. Die Kurse sind fair.
Auf der georgischen Seite der Roten Brücke decke ich mich in einem begehbaren Humidor mit reichlich Zigarren ein, werde beim Bezahlvorgang aber mit der Frage konfrontiert, in welche Richtung ich reise. Wie es meine Gewohnheit ist, antworte ich wahrheitsgemäß. „Ich bedauere, aber wir dürfen die Zigarren nur verkaufen, wenn Sie aus-, nicht wenn Sie einreisen“, bringt der junge Mann meine Tabakträume zum Platzen. Nicht einmal der Hinweis auf meinen Geburtstag erweicht ihn. Ich bin wirklich wieder in Europa. Regeln sind Regeln.

Praktische Tipps:
- Nehmt zwischen Georgien und Aserbaidschan lieber den Zug.
- Und es gibt fast immer einen Bus, egal was die Taxifahrer erzählen. Außer in Deutschland, aber da gibt es nicht einmal genügend Taxis.
- Falls mal wirklich kein Bus mehr geht, zum Beispiel spätnachts, sind andere Leute in der gleichen Lage, so dass man sich ein Taxi teilen kann. Ich habe das mal an der Grenze von Ecuador nach Peru gemacht, was zur Bekanntschaft mit Benzinschmugglern führte.
- Wahrscheinlich hätte ich einfach nur einen Kilometer gehen und dann per Anhalter weiterfahren sollen. Wobei ich in Aserbaidschan auch als Anhalter eine schlechte Erfahrung hatte, aber dazu mehr im Bericht über Göygöl.
Links:
- Wo liegt eigentlich das geographische Zentrum Europas?
- Mehr Artikel über Aserbaidschan und über Georgien.
- Eine weitere lustige Grenzerfahrung.
- Dieser Artikel erschien auch im Freitag.
Ein toller Bericht – danke, ich habe ihn, auch wenn es für dich wahrscheinlich nicht so lustig war, mit Vergnügen gelesen. 🙂 Liebe Grüße von einer kleinen Insel im Atlantik
Vielen Dank!
Ja, in dem Moment war es nicht so lustig, aber ich habe die Geschichte dann gleich im Bus aufgeschrieben und mich so abreagiert. Man liest wahrscheinlich noch die Wut durch die Zeilen, die mittlerweile schon längst verflogen ist.
Ich bin niemand, der an Ort und Stelle gleich immer streitet, aber das Schreiben ist eine Art der Rache oder Genugtuung.
Und manchmal habe ich mir auf den Reisen schon gedacht: Besser es passiert etwas Schlechtes, und ich kann darüber schreiben, als dass gar nichts passiert.
Viele Grüße auf die Kanarischen Inseln! Ich war bisher nur mal ein paar Tage in Las Palmas de Gran Canaria und war begeistert. Diese Inseln sind eigentlich auch ein guter Punkt zum Streiten über die Grenzen Europas. 😉
Auch ich muss mich meiner Vorrezensentin anschließen:
Ihre Geschichten, Anschichten und vor allem Ihr Schreibstil, gepaart mit den wundervollen Landschaftsaufnahmen, sind einmalig. Ich lese Ihre „Reportagen“ wirklich sehr gerne. Und ich frage mich immer: Wann kommt denn nun endlich ein Buch von Ihnen heraus? Ich würde es liebend gerne kaufen. Das Rüstzeug dazu haben Sie!
Ferner möchte Ich mich an der Stelle für den einen oder anderen Buchtipp von Ihnen bedanken. Jack London ist u. a. so zu einem meiner Lieblings-Schriftsteller geworden (Ich habe sogar mittlerweile Originalausgaben aus der ehemaligen DDR erworben) 😉
Sie sehen, Sie sind ein waschechter „Influencer“, wie man heute so schön sagt.
Ich hoffe, Sie werden uns noch viele Jahre mit Ihrer Arbeit begeistern. Und dennoch frage ich mich, weil ich es Ihnen auch gönne, wann Sie endlich sesshaft werden? Zum Thema Kinder kennen wir Ihre Antwort. Aber ist unser Geist nicht ständig im Wandel? Vielleicht finden Sie ja noch einmal „DIE FRAU“ auf diesem Planeten. Es würde mich diesbezüglich auch brennend interessieren, wie sie die Frauen(rollen) in den verschieden Ländern empfunden haben. Und ein Ranking der hübschesten Frauen nach Ländern wäre auch nicht zu schlecht. *hehe*
Was ich aber eigentlich sagen wollte ist, dass Sie diesem Planeten den Gefallen tun sollten und ernsthaft über eine Replikation Ihrer DNA nachdenken sollten – mehr Leute wie Sie braucht dieser Planet (ab hier stelle ich die vermeintliche Schleimspur ab) 😉
Liebe Grüße
J.D. Bennick
Vielen herzlichen Dank für das Lob! Das ermuntert zu weiteren Veröffentlichungen.
Warum noch kein Buch?
Tja, am Anfang stand mangelndes Selbstvertrauen, das mich viele Jahre gekostet hat. Seit ich aber bemerkt habe, dass jeder Landstreicher ein Buch veröffentlicht, und viele davon nichts Besondere sind, traue ich es mir durchaus zu. Auch Kommentare wie der Ihre helfen dabei.
Ich finde aber, dass ein Buch einen roten Faden benötigt, und sei es nur zu Verkaufszwecken. Kein Verlag wird das Buch eines Neulings herausbringen, das eine Ansammlung von Geschichten beinhaltet, deren einizige Verbindung der Autor darstellt.
Ein Buch müsste sich also auf ein Land oder zumindest auf eine Region konzentrieren, womit man gleich wieder alle Leser verliert, die sich nicht für Bolivien oder den Balkan interessieren, auch wenn die Geschichten noch so interessant/amüsant sind. Andere mögliche rote Fäden wären thematisch oder, den Faden ganz wörtlich aufgreifend, eine Reiseroute, wie eine lange Wanderung entlang Europas Küsten oder die längste Zugfahrt der Welt: https://andreas-moser.blog/2016/09/07/zugreise/
Ich weiß auch nicht, wie groß die Zielgruppe der sprachverliebten Leser ist. Denn wirklich viel Handlung gibt es in meinen Geschichten ja nicht. Die obenstehende Story ist sogar ein Beleg dafür, dass Handlungsarmut die Kreativität beflügelt. Auch meine erste kreative Reiseerzälung entstand aus einer absolut langweiligen Busfahrt: https://andreas-moser.blog/2012/11/03/nachtbus/
Ich befürchte auch, dass die Wirkung des Sprachwitzes nachlässt, wenn man Geschichte nach Geschichte dieser Art liest. Es braucht also doch auch Handlung, Informationen, Erklärungen. Das führt zu der Frage, welchem Genre meine Geschichten eigentlich zuzuordnen sind. Eine Idee ist, in einem regional begrenzten Buch ernste und lustige Geschichten zu vermengen, aber ich weiß nicht, ob ein Verlag da mitspielt.
Ganz selbstkritisch muss ich aber auch anfügen, dass ich leicht abzulenken bin. So kommen mir ständig neue Ideen, ich schreibe neue Entwürfe, lese hier und da, studiere auch noch und schmiede neue Pläne, anstatt mich auf ein Projekt zu konzentrieren und es durchzuziehen.
Das schönste Buch von Jack London ist für mich „Martin Eden“, gerade weil es die Anfänge und Mühen eines Schriftstellers beschreibt. Auch die Reaktionen der Umwelt auf seinen Weg kommen mir bekannt vor.
Ich lese es alle paar Jahre wieder.
Das Sesshaftwerden ist für mich eigentlich nichts Erstrebenswertes, eher etwas Abschreckendes. Wenn ich zu lange an einem Ort bin, merke ich immer, dass ich nicht mehr gefordert werde, dass ich (fast) alles verstehe, dass keine Überraschungen mehr hinter der nächsten Ecke lauern.
Ich finde es spannender, jedes Jahr wieder neu anzufangen, in einem neuen Land, sich neue Freunde und Bekanntschaften zu suchen, eine neue Sprache zu lernen, eine neue Kultur zu verstehen beginnen.
Und die Welt ist einfach zu groß, zu schön, zu spannend, zu vielseitig, um immer am gleichen Ort zu bleiben.
Kinder wollte ich nie, so dass ich diesbezüglich keinen Kompromiss eingehen muss. Und es gibt schon viel zu viele Kinder und überhaupt Menschen auf der Welt. Zu dem Problem will ich nicht beitragen. Das mit der DNA sollte man nicht überbewerten. Auch meine Kinder könnten Terroristen oder Nazis oder hypothekenzahlende Reihenhausbesitzer werden, das hat man nicht in der Hand.
Die Frage nach den Frauenrollen ist schon wesentlich schwieriger.
In Osteuropa kommt es mir vor allem bei älteren Frauen manchmal so vor, dass man noch die Sowjetzeit spürt, wo Frauen ökonomisch den Männern ebenbürtiger waren als im Kapitalismus. (Die jüngeren Generationen scheinen davon weniger übernommen zu haben.) Israel ist diesbezüglich auch ganz gut, was ich auf den von Frauen und Männern gemeinsam geleisteten mehrjährigen Wehrdienst zurückführe.
Die Macho-Kultur in Südeuropa ist schon spürbar. In Lateinamerika habe ich ziemlich viele starke Frauentypen getroffen, was mich positiv überrascht hat. Andererseits unterliegen dann doch wieder zu viele Frauen dem gesellschaftlichen Drang, möglichst sexy zu sein und sich auf die Rolle als Freundin/Frau zu beschränken. Man muss sich nur ansehen, wie Nachrichtenmoderatorinnen oder Wetteransagerinnen in Südamerika aussehen, dann erkennt man, welche Stärken da gefragt sind.
Insgesamt würde ich bei diesem Thema aber das Land nicht überbewerten. Vielmehr erkenne ich oft einen großen Unterschied zwischen Stadt und Land und zwischen den einzelnen Familien. In einer liberalen Familie im Iran oder einer bildungsbürgerlichen Familie in Bolivien haben die Frauen möglicherweise eine stärkere Rolle und leben selbstbestimmter als in manchem bayerischen Dorf.
Das mit dem Frauenattraktivitätsranking – eine Frage, die zu der nach der Rolle der Frauen wie die Faust aufs durch häusliche Gewalt blau geprügelte Auge passt – ist natürlich äußerst subjektiv, aber für mich die interessantesten Länder diesbezüglich waren bisher wahrscheinlich Bolivien, Kolumbien, Israel.
Sehr verehrter Herr Moser,
1. Vielen Dank für die Schilderung Ihrer Emotionen bezüglich der Schriftstellerei. Ich selbst bin zwar kein Landstreicher (tolle Anspielung auf Jack London übrigens ;)), aber ich habe mittlerweile 3 Bücher veröffentlicht über Amazon und dem Verlag BoD (nichts Besonderes, aber ich habe mittlerweile für mein nächstes Buch einen Exclusiv-Vertrag mit Amazon vereinbaren können). Es kommen im Jahr einige Tausend Euro bei rum. Tolles passives Einkommen und das Erfinden von Kinder- bzw. Jugendgeschichten macht mir einfach sehr großen Spaß.
Sie haben eine große Reichweite durch ihren Blog, daher denke ich, dass Sie kein Verlag im eigentlichen Sinne benötigen, um Ihr Buch gewinnbringend zu vermarkten. Amazon zahlt übrigens 70 % an Marge, während ich vom renommierten Fischerverlag magere 5 % für mein Erstlingswerk bekommen hätte und 2000,- € für die Rechte am Buch.
Zu Ihrem vermeintlich geringen Selbstvertrauen: Hören Sie auf sich selber klein zu reden. Es bringt nichts. Sie sind großartig! Und das meine ich aus tiefster Überzeugung. Und warum sollten Sie als Person nicht der rote Faden sein? Ihre Geschichte könnte dort beginnen, wo sie tatsächlich auch begonnen hat! Mit dem Wandel vom ambitionierten Rechtsanwalt hin zu einem außergewöhnlichen Abenteurer und Schriftsteller (analog zu Jack London, wenn wir die Juristerei beiseite legen). Der Ort über den Sie schreiben ist nicht auf einen Landstrich begrenzt. Wozu auch? Ihre Spielwiese ist die ganze Welt und das ist ein absolutes Alleinstellungsmerkmal gegenüber der „Konkurrenz“! Außerdem bin ich felsenfest davon überzeugt, dass Sie auch einen geeigneten Verlag finden würden (auch wenn die ersten 102 Absagen weh tun, doch was wissen die schon? Wenn es darum ginge, was Lektoren über ein Buch denken, dann gäbe es die bestbezahlteste Autorin der Welt J.K. Rowling nicht, weil „Harry Potter“ niemand drucken wollte!).
Also ich appelliere jetzt einmal an Ihre Vernunft (trotz Kant*s Kritik an selbiger) *hehe*: Probieren Sie es unbedingt aus! Sie wissen nicht, was das für eine (positive) Sogwirkung auslösen kann.
Einer meiner besten Freunde ist Willy Nachdenklich. Er hat mittlerweile zwei Bücher veröffentlicht, tourt mit einem Programm durch Deutschland, Österreich und Schweiz, ist unter Vertrag beim Bayerischen Rundfunk und all das, weil er die Vong-Sprache etabliert hat (Seine Seite ist übrigens https://www.facebook.com/WillyNachdenklich). Also was möglich und unmöglich ist, entscheiden die Leute, nicht man selbst 😉
2. Das schönste Buch ist auch für mich „Martin Eden“, gefolgt von „Der Ruf der Wildnis“.
3. Ich bin Sesshaft geworden, meine Basis sind meine Frau und meine Kinder. Aber wenn ich will, steige ich auf mein Motorrad und fahre auch mal … eine Runde (bis maximal 150 Kilometer von meinem Wohnort entfernt, fahre dann Nachhause und schlafe dort dann auch in den Armen meiner Fraug … mein Freiheitsdrang ist befriedigt). Ich bewundere Sie daher und mache mir ehrlich gesagt auch oft Sorgen um Sie, wenn Sie da tagelang irgendwo fernab in der Prärie herumwandern. Lustig fand ich in diesem Zusammenhang auch Ihre Geschichte dass Sie bei den Fluggesellschaften niemanden als Hinterbliebenen angeben, falls die Maschine doch einmal abschmieren sollte… (und es hat mich zu Tränen gerührt, was Ihr Vater darauf geantwortet hat.) Und genau diese Gefühle Ihres Vaters werden Sie erst erfahren, wenn Sie selbst Kinder haben… (was evtl. nie dazu kommen wird). Aber Sie haben Recht: Sesshaft zu werden heißt nicht, das Glück gepachtet zu haben. Auf der anderen Seite glaube ich auch, dass Sie durch Höhen und Tiefen gehen (und damit meine ich nicht den Aufstieg am K2) 😉
4. Was die Frauenrolle angeht – so etwas habe ich mir fast schon gedacht. Interessant ist hier aber auch der Aspekt, dass der gesellschaftliche Drang möglichst sexy zu sein, wohl überall auf der Welt anzutreffen ist. Ich frage mich da oftmals, wer oder was Schönheit definiert (möglich die Epoche in der man lebt, wenn man an die Rubensfrauen denkt). Tipp: Googeln Sie ja nicht den Begriff „Rubensfrauen“, Sie wären erstaunt was sich da für Seiten zeigen 😉
Zitat: „In einer liberalen Familie im Iran oder einer bildungsbürgerlichen Familie in Bolivien haben die Frauen möglicherweise eine stärkere Rolle und leben selbstbestimmter als in manchem bayerischen Dorf.“ – Andreas Moser, Reisender Reporter 2019
Zum Zitat: Das hat mich echt zum Schmunzeln gebracht. Steht es wirklich so schlimm um unsere bayerischen Mädels? Ich hoffe doch nicht. Mir ist nach einem Umzug (ich will es gar nicht erwähnen, tue dies aber der Vollständigkeit halber) in ein Reihenendhaus, dass viele meiner neuen Russland-Deutschen Nachbarn eher die traditionelle Rollenverteilung leben. Sie könne nicht verstehen, dass meine Frau mehr außer Haus ist, als ich (Sie Apothekerin, ich Autor und Selbständiger in der Versicherungswirtschaft, dadurch auch eher der Kindererzieher wegen besserer Zeiteinteilung). Aber wir sind glücklich und das ist, was zählt. Was andere über einen denken, ist doch irrelevant. Und da schließt sich der Kreis zu ihrem Buch – tun Sie es und seien Sie selbst nicht ihr größter Kritiker. Jedes Buch findet seine Anhängerschaft und alles was wir tun polarisiert. Manche leben davon ausgezeichnet 😉
In diesem Sinne, alles Gute.
Ich freue mich schon auf Ihren nächsten Artikel.
Herzliche Grüße
Jan Losch
Ich kann nicht genug bekommen, von Orten von denen du schon genug hast, dein Blog ist nicht genug, ein ganzes Buch bitte!!!!
Oh, oh, schon langsam wächst hier der Druck, und das Volk rumort.
Da kann ich als Verfechter der Demokratie, noch dazu bei einem Kommentar aus der Mutterpolis derselben, nicht länger untätig bleiben.
Nur ob ich jemals wieder nach Aserbaidschan komme, bleibt ungewiss, denn man ist dort etwas kritisch gegenüber Kritikern.
Pingback: The Border between Europe and the Orient | The Happy Hermit
Ich hab mich bestens amüsiert, aber der absolute Knaller kommt ganz zum Schluss … Busse/Deutschland 😂
Das ist wirklich ein enttäuschendes Thema, wenn man aus dem Ausland zurückkommt, vor allem wenn man in der bayerischen Provinz wohnt, wo alle Busse spätestens um 18 Uhr zu Bett gehen.
Yep, auch meine Erfahrung. Öffentliche Verkehrsmöglichkeiten, ob nah oder fern, sind überall außerhalb Deutschlands um Längen besser, von und in jedes Kuhdorf. Diesbezüglich (und in Sachen Internet) sind wir echt ein Entwicklungsland 😦
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