Schottland: die geheimen Vorbereitungen für die Unabhängigkeit

Die Welt blickt diese Woche auf Schottland, wo sich Befürworter und Gegner der Unabhängigkeit noch bis zum Referendum am 18. September 2014 einen erbitterten Kampf liefern. Dabei spielt das Referendum gar keine Rolle mehr. Denn die schottische Regierung wird unabhängig vom Ergebnis der Abstimmung die Unabhängigkeit ausrufen.

Die Beweise dafür, daß die geheimen Vorbereitungen für die schottische Unabhängigkeit schon zu weit gediehen sind, als daß es noch ein Zurück gäbe, sind erdrückend:

Währung:

Ein wesentlicher Teil der öffentlichen Debatte drehte sich um Wirtschaft und Finanzen, und eine ganz naheliegende Frage war: Welche Währung wird ein unabhängiges Schottland haben? Komischerweise wollen viele der Unabhängigkeitsbefürworter das britische Pfund behalten. Die britische Regierung will das nicht zulassen, wobei sie übersieht, daß es nicht leicht ist, jemandem den Gebrauch seiner Währung zu untersagen (siehe das Beispiel des Kosovo, der den Euro als offizielle Währung verwendet).Scottish pound

Aber während meines Besuchs in Schottland konnte ich den tatsächlichen Plan aufdecken. Mehrmals erhielt ich, wohl aus Versehen, schottische Pfund. Millionen dieser Banknoten wurden schon gedruckt und einige davon haben auf verschlungenen Pfaden bereits den Weg in den Zahlungsverkehr gefunden. Es gibt einen regen Schwarzmarkt dafür, und das Geheimnis ist wohl eher ein offenes, denn ich konnte die Scheine in jedem Geschäft anstandslos wieder loswerden.

Fußball:

Die Verwaltungsjuristen auf beiden Seiten, mit denen ich sprach, schienen die Auswirkungen auf den britischen Fußball noch gar nicht berücksichtigt zu haben. Dabei ist das für die Wähler ein extrem wichtiges Thema.

Auch hier sind die Vorbereitungen für die schottische Unabhängigkeit schon weit gediehen: Vor zwei Wochen spielte ein unabhängiges schottisches Team gegen niemand geringeren als den Weltmeister Deutschland. Wie die Mannschaft eines noch nicht existierenden Staates diese Begegnung arrangieren konnte, ist mir schleierhaft. Vielleicht war Deutschland einfach froh, daß sich überhaupt jemand traute, gegen den überlegenen Weltmeister anzutreten. Vielleicht lag es aber auch an den notorisch schlechten Geographiekenntnissen der Deutschen (die meisten verstehen nicht einmal den Unterschied zwischen dem Vereinigten Königreich und Großbritannien).

Militär:

Zwar erwartet niemand einen Krieg, aber als neugeborener Staat mit einer Menge Öl- und Gasvorkommen und einer Nuklearmacht als Nachbar, die bekannt für das Erobern fremder Länder ist, muss man die Landesverteidigung durchaus berücksichtigen.

In den vergangenen Monaten haben schottische Unabhängigkeitskämpfer deshalb mehrere Brigaden einer Schottischen Armee zusammengestellt, die sich mit dem Tag des Referendums offiziell etablieren wird. Mir ist es gelungen, ein Video von einer ihrer Übungen zu ergattern. Es zeigt sowohl die patriotische Entschlossenheit der schottischen Soldaten, als auch die Notwendigkeit der weiteren Professionalisierung dieser noch unerfahrenen Streitmacht.

Grenze:

„Was, Ihr wollt eine Grenze zwischen Schottland und England errichten?“ ist die nur halb im Scherz gestellte Frage, der sich Befürworter der Unabhängigkeit ständig ausgesetzt sehen. „Nein“ sagen die meisten dann, ganz auf der offiziellen Linie. Wenn sie wüßten!

Die meisten anderen Reporter, die sich gerade in Schottland herumtreiben, würden das nie herausfinden, weil sich ihre Recherchen auf die Pubs in Aberdeen und Edinburgh beschränken. Aber ich, investigativ wie Tim aus Tim & Struppi, reiste in die Gegend, in der die Grenze läge. Dort sind keine Städte mehr, kaum Dörfer, nur alle 50 Meilen mal ein Bauernhof. Karge, leere, unwirtliche Landschaft.

Tagelang streifte ich umher, bis ich sie fand: Die Mauer. Im Geheimen wird bereits eine enorme Mauer zwischen Schottland und England errichtet. Hier ein paar Fotos zum Beweis:

Hadrian's Wall 101

Hadrian's Wall 107

Die Mauer ist noch nicht stark bewehrt, aber sie reicht schon jetzt fast von Küste zu Küste. So etwas durchzuziehen, ohne daß es entdeckt wird, ist bemerkenswert!

Sprache:

Nachdem man mehr als 300 Jahre in einem Land zusammengelebt hat, bleibt eine offene Frage, was mit in Schottland lebenden Engländern und in England lebenden Schotten passieren wird. Gemischte Ehen sind zwar noch immer selten (und werden von keiner der beiden Kirchen anerkannt), aber einige Wenige haben sich in das jeweils andere Land gewagt, um dort zu studieren oder zu arbeiten.

Die Schotten haben sich etwas ganz Schlaues ausgedacht: Ihre eigene schottische Sprache. Bereits seit fast einem Jahr lehren sie diese in geheimen Abend- und in Online-Kursen, und mit dem Tag des Referendums werden alle Schotten nur mehr Schottisch sprechen. Dies bildet auch einen wichtigen Bestandteil der schottischen Sicherheitsstrategie, da somit englische Eindringlinge und Spione nichts mehr verstehen werden.

Königin:

Man würde erwarten, daß die Menschen über die Möglichkeit erfreut sind, sich ihrer ungewählten Diktatorin Monarchin zu entledigen, aber die schottische Unabhängigkeitskampagne will die Königin als Staatsoberhaupt behalten. (Lustig wäre es, wenn es zur Abspaltung kommt und England dann ein erfolgreiches Referendum zur Abschaffung der Monarchie durchführt.)

Die Königin hat sich noch nicht dazu geäußert, ob sie überhaupt Staatsoberhaupt eines unabhängigen Schottland werden will. In ihrem hohen Alter ist sie nicht unbedingt scharf auf noch mehr Arbeit. Andererseits ist sie bereits Königin von Jamaika, Tuvalu, Belize, Kanada, Australien, den Bahamas und vieler anderer ähnlich lustiger Länder, so daß eines mehr oder weniger keinen Unterschied macht.

Um sicherzustellen, daß die Königin den Plan nicht durchkreuzt, haben die Schotten die Königin diese Woche auf das Schloss Balmoral in Schottland gelockt. Die Königin ist also schon in Schottland, und die Abriegelung des Gebiets kann jederzeit angeordnet werden (siehe oben unter „Grenze“ und „Militär“), so daß die Schotten die Königin einfach als Geisel nehmen würden, bis sie zustimmt, auch auf ihren Briefmarken und Münzen abgebildet zu werden.

(To the English version of these exclusive revelations.)

Über Andreas Moser

Travelling the world and writing about it. I have degrees in law and philosophy, but I'd much rather be a writer, a spy or a hobo.
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4 Antworten zu Schottland: die geheimen Vorbereitungen für die Unabhängigkeit

  1. Pingback: Scotland secretly preparing for Independence | The Happy Hermit

  2. Der Senfspender schreibt:

    Nachdem sich kurz vor dem Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands eine völlig neue Entwicklung abzeichnet (Wir erinnern uns: Nach der gestrigen Machtübernahme
    des gebürtigen Edinburghers Tony Blair („Her zu mir!“) in Großbritannien und dem unmittelbar folgenden Beitritt des Landes zu den Vereinigten Staaten von Amerika (Blair: „Ein Kindheitstraum
    wird wahr!“)

    http://de.wikipedia.org/wiki/51._Bundesstaat#Vereinigtes_K.C3.B6nigreich
    http://www.amazon.de/51st-State-Plus-Peter-Preston/dp/0140275800

    hat sich die ganze Aufregung um die schottische Sezession auf einen Schlag und zumindest bis zum Jüngsten Gericht verflüchtigt – da Beitritte zu den Vereinigten Staaten ja Ewigkeitscharakter haben:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Texas_v._White

    Gleichzeitig lösen sich auch eine ganze Reihe drohender Probleme ganz wie von selbst:

    1. Schottland wird als Standort der im Firth of Clyde stationierten Interkontinentalraketen

    http://de.wikipedia.org/wiki/Faslane-on-Clyde

    nicht zur zehnten Atommacht, vielmehr reduziert sich durch den Anschluss Großbritanniens an die USA die Anzahl der Atommächte erfreulicherweise sogar um 11 Prozent.

    2. Der Dritte Weltkrieg ist abgewehrt: Da einerseits Grönland, Schottlands großer Nachbar im Norden, auch schon seit längerem die Unabhängkeit vom Dänischen Imperium anstrebt

    http://de.wikipedia.org/wiki/Gr%C3%B6nland#Politik

    und andererseits die Preise für Grönlands wichtigsten Exportartikel – Eiswürfel für die Zubereitung von Schottlands Grundnahrungsmittel Scotch on the rocks – infolge der abschmelzenden Polkappen in rasantem Steigen begriffen sind, deutete alles, vor allem unter Berücksichtigung der schottischen Atombewaffnung und die gleichzeitig zunehmend aggressivere grönländische Aufrüstung

    http://de.wikipedia.org/wiki/Sirius-Schlittenpatrouille

    auf eine große kriegerische Auseindersetzung zwischen den beiden neuen Regionalmächten hin. Schnee von gestern.

    3. Spätestens im Jahre 7014 hätte es – wiederum nach dem Abschmelzen der Polkappen – für Schottland ein gravierendes demografisches Problem gegeben, da nicht nur die vormaligen Bewohner Belgiens, der Niederlande, Dänemarks und Mecklenburg-Vorpommerns ins sichere Schottland gedrängt wären, sondern natürlich vor allem jene der englischen Ostprovinzen:

    https://uk.news.yahoo.com/what-if-the-world-s-icecaps-melted-overnight–120351663.html#yPHUkA0

    4. Nicht zuletzt: Nach dem Anschluss an die USA steigt Schottland mit einem Schlag von Platz 29 auf Platz 17 der FIFA-Weltrangliste

    http://de.fifa.com/worldranking/rankingtable/

    Also sind alle happy? Nein, nicht ganz: Claudia Roth ist traurig, weil sie ihrem Traum von einem bunten Europa

    http://www.aer.eu/publications/tabula-regionum-europae.html

    weiterhin nur in ihrem Malbuch oder in ihrem Quilting-Kränzchen nachhängen kann. Und dann wäre da noch Franz Bonaventura Adalbert Maria Herzog von Bayern. Der ist Chef des Hauses Wittelsbach und außerhalb von Monarchistenkreisen eher wenig bekannt – konnte sich wegen seiner direkten Abstammung von den Stuarts aber bisher Hoffnungen auf den schottischen Thron machen

    http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_von_Bayern#Thronfolge_der_Jakobiten

    Eine schottisch-bayerische Allianz – das wärs doch, das hat uns gerade noch gefehlt. Voraussetzung wäre natürlich eine bayerische Sezession, wie von der Bayernpartei längst gefordert

    http://landesverband.bayernpartei.de/zehn-punkte-in-weiss-blau/
    (vermutlich als Vorstufe einer Achse München-Edinburgh …)

    Neinnein, ist schon gut so. Und im übrigen: Keltische Stämme und ihre angeblichen Nachfahren gabs und gibts wie Sand am Meer

    http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_keltischer_St%C3%A4mme

    Es dürfte also munter weiter sezessioniert werden.

  3. Abcd schreibt:

    Die vermeintliche Mauer ist das der Hadrianswall, erbaut von den Römern während ihrer Herrschaft vor fast 2000 Jahren!

    Ich vermute, dass insgeheim Deutschland hinter Schottland steckt und versucht die Briten zu schwächen. So hat London weniger Macht und kann mal eher auf Europa hören statt amerikanischen Knecht spielen. Reine Spekulation

    • Andreas Moser schreibt:

      Ich weiss doch. Ich bin den gesamten Hadrianswall schon entlang gewandert. Wunderschöne Gegend und erstaunlich, wieviel von der Mauer noch übrig ist.

      Diese anhaltlosen Spekulationen sind besser für sich zu behalten, sonst ist man ganz schnell wieder bei UFOs und Weltverschwörung.

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