Regelmäßigen Lesern meines Blogs wird mein Talent, wo immer ich bin, auf Spuren vergangener Kriege zu stoßen, schon aufgefallen sein, aber Belgrad macht es einem diesbezüglich wirklich leicht.
Es beginnt damit, dass der Kalemegdan, die Festung der Stadt, jetzt als Militärmuseum fungiert.
Zusätzlich zu der Dauerausstellung der militärischen Hardware fand ich bei meinem letzten Besuch in Belgrad im Oktober 2014 eine Ausstellung vor, die der Befreiung der Stadt am Ende des Zweiten Weltkriegs gedachte.
Leider hielt niemand inne, um sich die historischen Bilder von vor 70 Jahren anzusehen. Ich war der einzige, den es interessierte. Und plötzlich fiel mir ein, dass einer meiner Großväter einige Jahre in einem Kriegsgefangenenlager in Jugoslawien verbracht hatte. Ich weiß nicht einmal, ob er in Jugoslawien gekämpft hatte oder ob er woanders gefangen genommen und dann nach Jugoslawien verbracht wurde. (Ich muss diesbezüglich mal Nachforschungen anstellen. Wenn jemand von Euch Näheres über die Kriegsgefangenenlager in Jugoslawien weiß oder ähnliche Recherchen betrieben hat, könnt Ihr mich gerne kontaktieren!) Wie überall sonst in Europa, wo einst die Wehrmacht gewütet hatte, war die Erinnerung beklemmend, aber die Gegenwart befreiend. Nur zwei Generationen später stand ich in Belgrad, ein Krieg zwischen unseren beiden Ländern ist undenkbar, und Serbien befindet sich auf dem Weg in die EU.
Viel sichtbarer und frischer sind hingegen die Erinnerungen an das NATO-Bombardement von 1999. Die ausgebombten Gebäude des serbischen (früher des jugoslawischen) Verteidigungsministeriums sind einfach so belassen worden, mitten im Stadtzentrum von Belgrad.
Entweder ist nicht genug Geld für die Reparatur vorhanden, oder jemand hat sich gedacht, dass dies ein praktisches Denkmal für die angebliche internationale Verschwörung gegen das stets friedliche Serbien abgeben würde. In meinen Augen ist es eher ein Denkmal für die Präzision von Marschflugkörpern. Und weil der Rest des Gebäudes immer noch ausreicht, um das Verteidigungsministerium zu beherbergen, zeigt es, dass Staaten auch mit einem stark reduzierten Militärapparat ganz gut leben können.






Hallo,
mein Vater (Jahrgang 1915) war von 1944 bis 1949 in einem Kriegsgefangenenlager Belgrad!
Die Versorgung der Gefangenen war anfangs desolat und ist erst besser geworden, als Mitte Oktober die Rote Armee Belgrad eingenommen hat.
Das Lager wurde durch die Gefangenen selbst organisiert. Unter Anleitung deutscher Ingenieure musste z.B. auch eine Eisen-Brücke über die Save neu aufgerichtet werden.
Mein Vater war Muli-Führer und musste daher überwiegend Transporte übernehmen. Dazwischen ging er in die Stadt wo das Muli das Gras der Straßenränder abweideen konnte.
Der deutsche Lagerleiter hat darauf geachtet, dass die bereits 1944 in Gefangenschaft geratenen Soldaten etwas geschont wurden, das sie gesundheitlich angeschlagen waren.
Vielen Dank für diese Informationen!
Ich habe mittlerweile nur ein bisschen mehr über meinen Opa (ebenfalls Jahrgang 1915) herausgefunden. Er kam erst am 9. Mai 1945, also nach der deutschen Kapitulation, in Gefangenschaft und war dort bis Februar 1948.
Ich habe einen Entlassungsschein gefunden – https://andreasmoser.files.wordpress.com/2017/12/opa-3.jpg?w=640 -, auf dem ein Kommando in Belgrad aufgeführt ist. Aber ich weiß nicht, ob das bedeutet, dass er genau dort war, oder ob das einfach die zentrale Behörde in Jugoslawien war.
Hallo,
mein Vater war von 08.1944 bis 1949 in einem Gefangenenlager in Belgrad.
Die Gefangenen mussten ein von der deutschen Wehrmacht gesprengt, genietete Brücke ü.d. Save wieder aufbauen.
Diese gibt es vmtl. nicht mehr!
Grüße
Von meinem Opa weiß ich nur, dass er in einem Salzbergwerk in Jugoslawien arbeiten musste.
Wenn ich mal azukomme, in serbischen Archiven nachzuforschen, werde ich das auf dem Blog publizieren – vielleicht helfen die Informationen ja anderen, die ebenso die Familiengeschichte ein bisschen ergänzen wollen.
Du liebe Zeit. Die geben sich wirklich Mühe, um nicht zu vergessen. Eine Tafel mit einem Schriftzug hätte gereicht, von mir aus noch so ein postsowjetisches Monument. Wann warst du denn dort? Vielleicht haben sie inzwischen aufgeräumt… Tja, Serbien wäre auch ein Gedanke, aber da ich noch den kosovarischen Stempel im Pass habe, warte ich noch ein paar Jahre. Dann lieber Moldawien, die haben dort den größten Weinkeller Europas.
Ich war das erste Mal 2009 und dann noch einmal (länger) 2015 in Belgrad.
2009 war ich nur auf der Durchreise in den Kosovo in Belgrad, und es war eigentlich vollkommen unproblematisch: In Belgrad habe ich einen Bus nach Mitrovica genommen, das im Kosovo liegt, aber hauptsächlich serbisch bewohnt ist.
In Mitrovica konnte man dann einfach über die Brücke spazieren. Da waren NATO-Soldaten, aber die haben niemanden kontrolliert. Im Süden Mitrovicas gingen dann die Busse in den Rest des Kosovo, ich bin einen Tag nach Prishtina gefahren.
Und zurück nach Belgrad auch wieder mit dem Bus, ich kann mich gar nicht erinnern, ob ich irgendwo kontrolliert oder gestempelt wurde.
Deshalb bin ich gerne zu Fuß oder mit den Öffis unterwegs. Da bist du flexibel, kannst auch kleine Grenzübergänge nutzen, und notfalls geht man über die Berge.
Selbst wenn einen jemand anhält oder aus dem Bus zieht, dann bleibt man halt sitzen und raucht, bis die Soldaten merken, dass das eigentlich blöd ist, so einen Touristen an der Backe zu haben.
Mit dem Auto dagegen kommt so viel Papierkram (Führerschein, Versicherung, Registrierung, falsche Nummernschilder u.s.w.) dazu. Außerdem sind im Bus eigentlich immer andere Menschen, die einem helfen.
Und durch Serbien kommt man notfalls auch, indem man einfach auf einen Güterzug klettert:
https://www.shiey.com/videos/v/train-surfing-journey-across-serbia
(vor allem ab 1:32:00 oder so, sehr idyllische Fahrt)
Na ja, so kompliziert war es mit dem Auto auch nicht. Bis auf die Tatsache, dass mein Onkel seine Grüne Karte (die benötigte Versicherungspolice) verlegt hat und meinen armen Cousin angemacht hat, und wir zudem noch eine zusammengeschlagene Frau auf dem Rücksitz hatte (mich…). Sonst… alles easy 😉
Oje, das hört sich aber schon dramatisch an! :O
Wobei zusammengeschlagen zu werden, immer blöd ist, egal, wie man unterwegs ist. 😦
So war das nicht. Eine Augeninfektion, die sich verselbständigt hatte, weil ich nicht an ein Antibiotikum rankam… Mein Auge war komplett lila umrandet, und dann wurde ich von drei breitschultrigen Polen… na gut, zwei breitschultrigen Polen und meinem Onkel begleitet. Ich habe so viele mitleidige Blicke gesehen… Irgendwie witzig, wenn ich heute so darüber nachdenke, aber da war mir das richtig unangenehm. In Mazedonien habe ich mir dann eine Sonnenbrille gekauft, um mein „Veilchen“ zu verdecken.
Auf die ganze Geschichte dazu wirst du aber noch etwas warten müssen, bin gerade erst am Niederschreiben 😉
Oh, und nach Serbien, Kosovo und Montenegro kann man auch mit dem deutschen Personalausweis einreisen.
So sieht niemand irgendeinen Stempel.
Aaah… gut zu wissen… hättest du mir das nicht in Mai sagen können? *seufz*
Ich wusste es selbst nicht, bis ich mit meinem zerfledderten Pass einige Probleme bei der Ausreise aus Montenegro hatte:
Der montenegrinische Grenzbeamte sagte mir dann, dass ein deutscher Personalausweis auch genüge.
Den hatte ich damals noch nicht (früher konnte man als Auslandsdeutscher keinen Personalausweis bekommen), was die ganze Sache natürlich noch verdächtiger machte.
Das kann ich mir vorstellen. Ich werde mal nachlesen, ob du dann doch noch rein konntest.