Acht Tage auf dem Atlantik

Morgen geht es los: Von Gran Canaria aus steche ich in See, werde in acht Tagen hoffentlich den Atlantik überqueren und am 26. November 2015 in Salvador de Bahia in Brasilien ankommen.

Das Schiff, mit dem ich dieses Unterfangen wage, ist die Sovereign, ein Kreuzfahrtschiff, das vom Mittelmeer nach Südamerika überführt wird und auf dem ich deshalb eine günstige Mitfahrgelegenheit abstauben konnte.

exterior-barco-sovereign

Aber bevor hier jetzt der Neid ausbricht, lasst Euch gesagt sein, Ihr Landratten, dass sich der Atlantik von der Nordsee nicht nur in der Größe unterscheidet. Das wäre so, wie wenn man einen Löwen als einen größeren Maulwurf bezeichnet. Nein, der Atlantik ist wild, tief, gefährlich und das Grab von Tausenden, die diese Überfahrt vor mir gewagt haben. Am gefährlichsten ist er im November, wenn die Winterstürme toben und jeder vernünftige Kapitän zuhause bleibt.

Vergesst also die Kreuzfahrtklischees! Es wird eher so aussehen:

atlantic storm

Seht Euch einfach mal das Video an

und jetzt stellt Euch dieses tosende Geschaukel acht lange Tage vor! Und acht Nächte, wenn man die herannahenden Wellen nicht einmal sieht. Meine längsten Schiffspassagen waren bisher im Ärmelkanal, und selbst da wurde mir während des Sturms schon Angst und Bange, obwohl man dort notfalls nach Großbritannien oder Frankreich schwimmen könnte. Im Atlantik hingegen werde ich Tausende von Kilometern vom nächsten Ufer entfernt sein. Jede Rettung käme zu spät.

Hier noch ein Blick ins Innere eines Kreuzfahrtschiffs während eines Sturms:

Wie soll man da bitteschön auf die Toilette gehen?

Kein Wunder, dass unsere ausgewanderten Vorfahren nie mehr den Weg zurück nach Europa nahmen. Nach dieser Woche werde ich wahrscheinlich auf absehbare Zeit kein Hochseeschiff mehr besteigen.

In den letzten Monaten habe ich viel von dieser Überfahrt erzählt und im Wesentlichen drei unterschiedliche Reaktionen erhalten: 1. „Wow, das ist cool! Gibt es noch Tickets?“ 2. „Oje, hast Du auch Medizin gegen Seekrankheit?“ 3. „Hast Du dort Internet?“ – Die letzte Frage haut mich immer um. Ernsthaft? Jemand wandert aus, nur mit einem Rucksack, auf einen Kontinent, auf dem er noch nie war, ohne feste Rückkehrpläne, ohne Job, ohne Sicherheit, auf einem Schiff, über den Atlantik, und die erste Frage von manchen ist die nach dem Internet? Das muss eine wirkliche Sucht sein, dieses Internet.

Ich jedenfalls werde die acht Tage Abgeschiedenheit genießen. Ich bin gespannt, was das mit mir macht, ob mir langweilig wird, ob ich die Zeit zum Lesen nutze, ob unter den Passagieren und Besatzungsmitgliedern interessante Leute sind, ob das Wetter und der Ozean immer gleich sind oder sich von Tag zu Tag unterscheiden, woran man in solch einer Umgebung denkt, und so weiter.

Ihr werdet die kommenden acht Tage also nichts von mir hören. Aber keine Sorge! Wenn so ein großes Schiff sinkt, kommt es in den Nachrichten. Wenn nichts kommt, ist also alles gut. – Andererseits, wenn nur ein Passagier über Bord fällt, kommt es wahrscheinlich nicht in den Nachrichten. Hm, naja, macht Euch trotzdem keine Sorgen!

Filmempfehlungen für diese Woche: Der Sturm, Titanic und Die Höllenfahrt der Poseidon.

(In English.)

Über Andreas Moser

Travelling the world and writing about it. I have degrees in law and philosophy, but I'd much rather be a writer, a spy or a hobo.
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2 Antworten zu Acht Tage auf dem Atlantik

  1. Pingback: Eight Days on the Atlantic | The Happy Hermit

  2. Gute Reise. Das ist bestimmt ein tolles Erlebnis.

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