Friedrich Nietzsche zur Europawahl

Schon 1885 war Friedrich Nietzsche von den gerade erst erfundenen Nationalstaaten genervt.

Wir sind mitten im gefährlichen Karneval des Nationalitäten-Wahnsinns, wo alle feinere Vernunft sich bei Seite geschlichen hat und die Eitelkeit der ruppigsten Winkel-Völker nach den Rechten der Sonder-Existenz und Selbstherrlichkeit schreit.

Und:

Der Nationalitäten-Wahnsinn und die Vaterlands-Tölpelei sind für mich ohne Zauber: „Deutschland, Deutschland über Alles“ klingt mir schmerzlich in den Ohren.

Bereits 1887 sah Nietzsche, dass man die wirklichen Probleme nur auf europäischer Ebene lösen kann:

Gibt es irgend einen Gedanken hinter diesem Hornvieh-Nationalismus? Welchen Wert könnte es haben, jetzt wo Alles auf größere und gemeinsame Interessen hinweist, diese ruppigen Selbstgefühle aufzustacheln?!

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About Andreas Moser

I am a lawyer in Germany, with a focus on international family law, migration and citizenship law, as well as constitutional law. My other interests include long walks, train rides, hitchhiking, history, and writing stories.
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17 Responses to Friedrich Nietzsche zur Europawahl

  1. Avatar von Unbekannt Anonymous sagt:

    Hornvieh Nationalismus … i like … muss Nietzsche nochmal durchlesen

  2. Avatar von Unbekannt Anonymous sagt:

    ja. so viele ideen, welche kritisiert, in der zerfallsform erlebt, erlitten und falsifiziert sind, können unirritiert revitalisiert werden. wie erklärst du dir das?

    • Ich haue jetzt einfach mal eine steile These raus:

      Das Wiedererstarken des Nationalismus zeigt den Erfolg der europäischen Einigung.

      Denn nur das vereinte Europa und die dadurch geschaffene Friedensordnung führen dazu, dass man heutzutage wieder nationalistisch sein kann, ohne internationale Auseinandersetzungen von Strafzöllen über Seeblockaden bis zu Krieg fürchten muss.
      Man kann als Nationalist richtig auf die Pauke hauen, weil man weiß, dass man eh nie die Verantwortung von der Europäischen Union zurückerhält. (Außer man tritt aus, und das fordern die meisten Nationalisten wohlweislich nicht. Zumindest nicht mehr, und nicht ernsthaft.)

  3. Avatar von hanselmar hanselmar sagt:

    Nationalismus in Europa ist nichts anderes als Tribalismus in Afrika. Man versteht den Anderen nicht weil er eine andere Sprache spricht und wird sofort argwoehnisch. Wenn es dann auch noch Rattenfaenger gibt die behaupten dass Internationalismus zum Verlust der Unabhaengigkeit fuehrt ist Nationalismus geboren. Das beste Beispiel ist hier die UKIP im Vereinigten Koenigreich unter der Fuehrung von Nigel Farage. Die Losung hier ist viel mehr internationale Parteienzusammenarbeit und viel mehr Buergerbeteiligung so wie es in der Schweiz der Fall ist. Wenn das Schweizer Modell auf ganz Europa ausgeweitet wird braucht Niemand mehr Angst vor der Zukunft zu haben. Dann kann Niemand mehr sagen:“Die Politiker machen ohnehin immer was Sie wollen.“

    • Und ein wichtiger Beitrag zur Lösung sind Menschen wie du, die in anderen europäischen Ländern leben!

      So etwas sollte eigentlich subventioniert werden. 🙂

  4. Avatar von hanselmar hanselmar sagt:

    Dem wage ich nicht zu widersprechen. Leider sind nicht alle Deutschen dieser Meinung. Als es noch „wiselife“ gab schrieb mir ein deutscher Ruhestaendler dass er grundsaetzlich dagegen sei wenn man im Ausland die gleiche Rente wie in Deutschland beziehen kann. Die Rente solle vielmehr an die Rentenhoehe des Gastlandes angepasst werden. Ich antwortete Ihm:“Dann ziehe ich sofort in die Schweiz.“

    • Ich freue mich auch schon darauf, als Rentner nach Rumänien zu ziehen.
      Und bis dahin gibt es ja hoffentlich noch ein bisschen EU-Erweiterung, so dass wir weitere Optionen zur Verfügung haben. 🙂

  5. Avatar von buchpost buchpost sagt:

    Zu der Vereinnahmung durch seine Schwester empfehle ich auch das Buch von Ben Macintryre: Vergessenes Vaterland – Die Spuren der Elisabeth Nietzsche (OA 1992), hier bei Interesse der Link https://buchpost.wordpress.com/2024/02/09/ben-macintyre-vergessenes-vaterland-die-spuren-der-elisabeth-nietzsche-oa-1992/#comments

    So was Abgedrehtes…

  6. Avatar von Kasia Kasia sagt:

    Ich bin nicht sicher, ob der Nationalismus tatsächlich besonders stark oder einfach nur besonders laut ist. Aber ich schließe mich der steilen These an. Du kriegst Polizeischutz, wenn du marodierend durch die Straßen ziehst und „Diktatur“ schreist. Es ist einfach, polarisierend, nationalistisch und radikal zu sein. Denn wir zensieren nicht und wir unterdrücken nicht, wir sind ja nicht C-h… *hatschi!“

    • Wenn wir schon bei wilden Thesen sind:
      Vielleicht findet das sichere „Diktatur“- und „Zensur“-Geschreie in Ostdeutschland noch mehr Zustimmung, weil die Leute hier gerne früher mutig und oppositionell gewesen wären. Jetzt holen sie das nach, nur halt ohne Gefahr und ohne echten Anlass. Aber so kann man sich als Freiheitskämpfer fühlen.

    • Avatar von Kasia Kasia sagt:

      Also im Grunde eine Art gefahrlose Selbstverwirklichung. Hm, macht Sinn…

  7. Avatar von Siewurdengelesen Siewurdengelesen sagt:

    Wirklich eine steile These;-)

    Meines Erachtens sind die Nationalstaaten jetzt einfach größer und so wie die Machtverteilung auf der Welt mit gewachsen.

    Es geht halt nicht mehr Deutschland vs. Frankreich oder England, sondern inzwischen Europa vs. Russland vs. China vs. USA vs BRICS und das kann sich wie in Orwells 1984 je nach Gemengelage auch jederzeit wieder ändern. Aus dieser Sicht halte ich eine internationale Zusammenarbeit a lá EU nur bedingt für zielführend, solange diese mit ihren Entscheidungen auch eher zwischen Protektionieren und Freihandel agiert je nach eigenem Vorteil.

    Mit Russland hat es halt solange funktioniert, wie man glaubte, einen Putin einhegen zu können und dafür billige Rohstoffe bekam. Dasselbe trifft auf China zu als ein Hauptlieferant unserer Konsumgüter. Eine Türkei (die mit Erdogan auch einen nationalistischen Führer hat) und andere Länder in Nordafrika sind uns trotz ihrer demokratischen Defizite recht und billig, solange sie die Flüchtlinge fernhalten für das nötige Kleingeld.

    Hauptpunkt sind dabei einfach die jeweiligen wirtschaftlichen Vorteile dieser Konstellationen und das dabei eine Ebene tiefer die Patrioten und Nationalisten weiter ihr Kälbchen darüber austreiben?

    Die einen wissen, dass sie darüber nur Bauernfängerei betreiben und die anderen sind entweder wirklich so dumm oder glauben zumindest, dass ein Rückzug auf die eigene Nation tatsächlich ein ruhigeres, besseres, sichereres Leben bringt.

    Die Wende hat zwar vielleicht Reise- und Meinungsfreiheit für die ehemaligen DDR-Bürger gebracht, aber echte Freiheit irgendwie immer noch nicht. Denn die jetzige Freiheiten sind in erster Linie abhängig vom finanziellen Feedback und wer da nicht mitspielen kann, ist bis auf Einzelne genauso raus aus der schönen neuen Welt und das sind im Vergleich zu den alten Bundesländern anteilig mehr. Da igelt man sich dann schnell in Ostalgie ein und das Schlechte vergangener Zeiten wird ja immer schneller ausgeblendet.

    Reichsdeppen und andere verstrahlte Pfosten gibt es jedoch auch im „Westen“ genug. Wer da mal speziell über die Dörfer geht, sieht auch dort zig verkehrte Deutschland- und diverse Königreich- und andere Fahnen.

    • Zu letzterem Punkt: absolut!
      Hier zB ein Foto, das ich bei einer Wanderung in Bayern gemacht habe: https://andreas-moser.blog/2018/09/10/reichskriegsflagge/

      Wobei ich hier gleich wieder eine neue steile These aufstellen könnte: Die Reichsbürger finden in Ostdeutschland mehr Anklang, weil schon Walter Ulbricht die BRD immer als Vasallenstaat und das Grundgesetz als von den USA oktroyiert brandmarkte. 😉

      Eigentlich sollte man jeden Morgen mit einer neuen These beginnen, diese laut ins Interweb posaunen, sich dann ausloggen und den Tag genießen. Nach ein paar Tagen kann man nachsehen, was daraus geworden ist. Wie mit Hefeteig.

      Was du zur Ostalgie geschrieben hast, finde ich sehr treffend. Und oft geht es ja gar nicht um Politik, sondern die Leute erinnern sich einfach positiv an ihre Kindheit/Jugend. Und daraus wird dann ein „früher war alles besser“, obwohl es für Kinder natürlich immer ein ziemlich lockeres Leben ist, wenn man es mit der späteren Maloche und dem Beziehungsstress vergleicht.

  8. Avatar von Siewurdengelesen Siewurdengelesen sagt:

    „Eigentlich sollte man jeden Morgen mit einer neuen These beginnen, diese laut ins Interweb posaunen, sich dann ausloggen und den Tag genießen. Nach ein paar Tagen kann man nachsehen, was daraus geworden ist. Wie mit Hefeteig.“

    Eine gute Idee!

    Dann gibt es immer einen Grund für einen schönen Rant;-)

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