Der Europäische Gerichtshof hat entschieden:
Der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts ist dahin auszulegen, dass es Sache des nationalen Gerichts ist, zu beurteilen, ob eine Bestimmung des nationalen Rechts, die einen außerordentlichen Rechtsbehelf vorsieht, der es einer Partei ermöglicht, die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil beendeten Verfahrens zu beantragen, wenn sie infolge der Verletzung von Rechtsvorschriften an der Mitwirkung gehindert war, erweiternd dahin ausgelegt werden kann, dass ihr Anwendungsbereich den Fall erfasst, in dem erstens das Gericht, das einem auf einen Verbrauchervertrag gestützten Antrag eines Gewerbetreibenden mit einem rechtskräftigen Versäumnisurteil stattgegeben hat, unter Verstoß gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen davon abgesehen hat, diesen Vertrag von Amts wegen im Hinblick auf das etwaige Vorliegen missbräuchlicher Klauseln zu prüfen, und in dem sich zweitens herausstellt, dass die Verfahrensmodalitäten für die Ausübung des Rechts auf Einlegung eines Einspruchs gegen dieses Versäumnisurteil durch den Verbraucher das nicht zu vernachlässigende Risiko in sich bergen, dass der Verbraucher darauf verzichtet, und sie folglich nicht ermöglichen, die Wahrung der dem Verbraucher nach dieser Richtlinie zustehenden Rechte zu gewährleisten.
Finde ich gut, dass das mal so knapp und bündig auf den Punkt gebracht wurde.
Schönere Schachtelsätze gibt es aber hier, hier, hier und hier.
Endlich denkt wer an den Mann auf der Straße. Der Wortlaut des Urteils wird die Massen mit Widerstandsgeist beseelen, der dem Verbraucherschutzrecht erst seinen Sinn gibt. Voran, du Europäischer Gerichtshof, du Schmiede der Slogans des Volkes!
Ich finde das auch äußerst zielgruppengerecht.
Da hat mal jemand wirklich mitgedacht, Hut ab!
So werden Planstellen fuer Verwaltungsjuristen geschaffen. Diese wiederum schaffen Planstellen fuer Leute die so etwas in andere Sprachen uebersetzen muessen. Danach braucht man weiterhin Leute die dieses Juristendeutsch in die deutsche Umgangssprache uebersetzen. Dafuer gibt es eigentlich Journalisten. In diesem Fall sollte es schon ein Journalist mit juristischer Grundausbildung sein. Hieraus ergibt sich sicherlich eine wichtige Taetigkeit. Dem Buerger kann man nur Demokratie naeher bringen wenn er diese auch versteht. Ansonsten wird er sich wahrscheinlich fuer eine Diktatur entscheiden wollen.
Das Urteil wurde, wie alle Urteile des Europäischen Gerichtshofs und wie alle Verordnungen, Richtlinien und sonstigen Rechtsakte, natürlich bereits in sämtliche Amtssprachen der Europäischen Union übersetzt.
Du kannst unter dem Link die Sprache auswählen und dann über Schachtelsätze auf Maltesisch oder Rumänisch staunen. (Ganz am Ende sind die Leitsätze.) Keine Ahnung, ob solche grammatikalischen Konstruktionen in allen Sprachen überhaupt üblich sind.
Die Übersetzer:innen tun mir wirklich leid, aber ich glaube, für die gibt es wesentlich mehr Stellen als für Juristen.
Und mit jedem neuen Mitgliedsland potenziert sich der Bedarf. Als Malta beitrat, brauchte man ja nicht nur Übersetzer für Maltesisch-Englisch, Maltesisch-Italienisch und Maltesisch-Französisch, die es vielleicht schon gab. Sondern es muss jetzt auch jemand zwischen Maltesisch und Estnisch sowie zwischen Maltesisch und Gälisch übersetzen. (Und nicht nur einfach „hallo, wie geht’s“, sondern wahnsinnig komplizierte Texte über Verbraucherschutzdarlehenswiderrufsrechte, Landwirtschaftsnitratausbringungsbeschränkungsverordnungsermächtigungen und so weiter. Gerade für die kleinen Sprachen kann ich mir eigentlich gar nicht vorstellen, dass es dafür genügend Übersetzer gibt.
Verdammt, war das ein Satz?? Ist das legal…?
Ja, das ist nur einer der Sätze aus den Leitsätzen der Entscheidung.
Ich finde das auch grenzwertig, vor allem, wenn man an die armen Übersetzer:innen denkt, denn die Urteile müssen in alle EU-Amtssprachen übersetzt werden. Und dabei dürfen auch ellenlange Sätze nicht getrennt werden, selbst wenn das in einer anderen Sprache vielleicht sinnvoller wäre.
Auf Polnisch (der Ausgangsfall war übrigens aus Polen) lautet der Satz so:
Auf Deutsch sind Schachtelsätze ja nicht ganz unüblich, aber redet man in Polen wirklich so?
Ja pier***le… Nein, in Polen redet keiner so. Ich dachte erst, ich würde das auf Polnisch besser verstehen, dem war nicht so. In Wahrheit schaltet man nach der dritten Zeile einfach ab und geht in seinem eigenen Kopf spazieren.
Wenn man diese Sätze auf Band spricht, könnte man sie als Einschlafhilfe verkaufen.
Ich frag mal ChatGPT, was das bedeuten soll
Ich glaube, bei juristischen Themen ist ChatGPT noch schlechter als bei anderen Themen.
Aber dazu gibt es, wenn ich mal dazu komme, irgendwann einen extra Artikel.
Freu mich