Schnee, Eis, Matsch und Berge – Halbmarathon in Brasov

Dass der Halbmarathon in Brașov (Kronstadt) in Rumänien ein bißchen bergig sein würde, hatte ich der Streckenkarte entnommen. Sie glich einer alpinen Wanderkarte. Der zu überwindende Höhenunterschied war mit 650 m angegeben.

Streckenverlauf

Am Vorabend in Brașov angekommen, blickte ich auf den die Stadt überschattenden Berg, an dem wie in Hollywood der Schriftzug „BRASOV“ angebracht ist (zwar kitschig, aber besser als das „STALIN“, das hier in den 1950ern prangte). Erschreckt stelle ich fest, dass der Berg nicht nur hoch, sondern vor allem sehr steil ist. Eine Bestzeit werde ich bei diesem Lauf nicht aufstellen können. Überall liegt Schnee.

semimaraton mountains

Ja, auf diese Berge ging es hinauf.

Am nächsten Morgen pfeift ein eiskalter Wind über den Platz der Einheit, so dass einige Athleten in der nahen Sankt-Nikolaus-Kirche auf den Start um 12 Uhr warten. Das ist selbst mir als Hardcore-Atheisten zu blasphemisch. Manche der Läufer tragen Skimasken, Mützen, Handschuhe und Schals. Wenigstens habe ich meinen Kapuzenpullover. Ich bin nicht der einzige, der sich die Hände reibt, um sich warm zu halten. Auf dem Nummernschild, das jeder Teilnehmer während des Laufs tragen muss, steht: „Im Falle eines Unfalls bitte die Bergrettung anrufen.“

Der Startschuss ist eine Erlösung. Endlich kommt Bewegung in den Körper, das Blut zirkuliert schneller und wärmt die schon fast abgefrorenen Glieder. Zügig geht es durch die engen Gassen der Altstadt und schon nach 2 km auf einen stetig ansteigenden Wanderweg. Eine wunderschöne Waldlandschaft mit tiefen Tälern. Es beginnt zu schneien. Dichte Flocken kommen mir entgegen und bedecken bald den Boden. Die ersten Läufer werden zu Spaziergängern, aber ich bin noch fit.

schneetreiben lauf

running snow

Aber bald wird der Weg so schmal, dass ich niemanden mehr überholen kann. Mit meinen langen Schritten bin ich im Gehen schneller als andere im Laufen.

Und dann kommt das Eis. Der steile Pfad zwischen den Bäumen ist spiegelglatt. Jetzt geht es nicht mehr um Geschwindigkeit, sondern darum, sich keine Knochen zu brechen. An Bäumen und Ästen halte ich mich fest, wenn es bergauf geht. In der Hocke und auf dem Hosenboden rutsche ich, wenn es bergab geht. Immer wieder rutsche ich seitleich ein paar Meter in den Schnee hinab. Die professionelleren unter den Läufern ziehen sich Spikes auf ihre Schuhe.

spikes

rutschigAuf dem Eis bewege ich mich so vorsichtig, dass es mehr ein Winterspaziergang als ein Halbmarathon ist. Alle 5 km gibt es Getränke und Essen, und zwar in reichlicher Auswahl: Äpfel, Bananen, Schokolade, Käse, Zitronen. Da kann man leicht einige Minuten an der im Wald aufgebauten Theke verweilen.

441-eating banana

Warum werde ich nicht beim Laufen, sondern gerade beim Essen fotografiert?

Der steile Weg zurück in die Stadt ist noch schlimmer: anstatt Schnee und Eis sind es jetzt Schlamm und Matsch, die für einen Ausrutscher nach dem anderen sorgen. Schuhe, Hose, Pullover und Hände sind bald voller Dreck. (Meine Hose habe ich seither schon zweimal vergeblich gewaschen.)

441-matschManche Läufer stürzen sich in einem Höllentempo den Abhang hinab, wie wenn jede Sekunde zählt. Mir ist das zu jenem Zeitpunkt schon egal geworden. Die Strecke ist ideal für einen Spaziergang mit schönen Ausblicken auf Brașov hinab, aber zum Laufen ist sie zumindest an jenem Tag nur bedingt geeignet.

Als ich nach zweieinhalb Stunden durchs Ziel sprinte, bin ich kein bißchen erschöpft und habe noch genug Energie, um einige Kilometer weiter zu meiner Unterkunft zu laufen.

441-finishFür einen Läufer ist es unbefriedigend, wenn die Streckenführung nicht das Tempo zulässt, das die Kondition gestatten würde. Obwohl es als besonders herausfordernd gedacht ist, fehlt für mich dabei die sportliche Herausforderung. Noch viel deprimierender ist es, nachträglich zu lesen, dass die besten Läufer halb so lange wie ich für die Strecke benötigten. Ich habe keine Ahnung, wie man auf vereisten und matschigen Hängen genauso schnell laufen kann wie auf trockenem Waldboden.

Die nächsten Halbmarathons werde ich am 19. April in Budapest in Ungarn, am 24. Mai in Târgu Mureș in Rumänien und am 6. Juni in Tusnad in Rumänien laufen. Die beiden letzteren werden auch ziemlich bergig, was mir an sich nichts ausmacht (immerhin bin ich im März in Jerusalem gelaufen), aber hoffentlich fallen die Wettkämpfe nicht in die Regenzeit. Ausgewiesene Schlammrennen wie „Tough Mudder“ brauche ich nach dieser Erfahrung auf keinen Fall mehr. Schließlich bin ich kein Kind, das in jede ihm hingehaltene Pfütze springt.

(Mehr Fotos vom Halbmarathon in Brașov gibt es hier und hier. – Click here for the English version.)

Über Andreas Moser

Travelling the world and writing about it. I have degrees in law and philosophy, but I'd much rather be a writer, a spy or a hobo.
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3 Antworten zu Schnee, Eis, Matsch und Berge – Halbmarathon in Brasov

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