Der klimatisierte Reisebus hält in der Mittagshitze. Fünf Männer mit schweren Stiefeln, in orangen Overalls und mit hinter Fetzen von Stoff, Plastikschutzbrillen und Mützen verborgenen Gesichtern stürmen auf den Bus zu. Zwei der ebenso athletisch wie hungrig und erschöpft aussehenden Kerle haben lange Macheten in den Händen. In einem alten, roten Pritschenwagen wartet ihr Komplize, als einziger nicht vermummt, mit laufendem Motor.
Hinter den saftig-grünen Hügeln steigen mehrere Rauchsäulen auf. Sieben oder acht Brandherde müssen das sein, allein in der näheren Umgebung. Als ich aus dem Bus trete, treffen mich sowohl die Hitze (37 Grad) und der Geruch von Feuer und Rauch wie ein Schlag. Es ist nicht der angenehme Geruch eines Grillabends, sondern der Gestank von Gefahr, Zerstörung und Tod.
Das Städtchen Lençois macht keinen hektischen Eindruck, aber die fünf Männer haben es eilig. Einer von ihnen spricht nur kurz mit dem Busfahrer und öffnet das Gepäckfach. Sie nehmen einige Pakete mit Trinkwasserflaschen heraus, springen auf ihren Pritschenwagen und düsen davon.
Wenn in anderen Ländern ein Nationalpark brennt, mobilisiert die Regierung die Nationalgarde, stellt Flugzeuge und Helikopter zur Verfügung, und die Feuerwehren der benachbarten Bundesländer kommen zur Hilfe. In Brasilien liegt es – obwohl die Waldbrände im Chapada-Diamantina-Nationalpark schon Wochen andauern – an den Freiwilligen aus der Kleinstadt Lençois in ihrem Ford-Pritschenwagen aus den 1950ern, die wütenden Feuer zu bekämpfen. Neben den Macheten sah ich eine Schaufel und eine Spitzhacke. Das ist alles, was die Männer haben. Und jetzt das Wasser, das ihnen jemand aus dem 425 km entfernten Salvador als Spende geschickt hat.
Der Sonnenuntergang sieht gespenstisch aus, wie wenn sich das Feuer auf die Stadt zubewegt.
Beim Rückweg nach Hause sehe ich, dass es auch auf der gegenüberliegenden Seite der Stadt brennt.
So gehen wir in Lençois zu Bett, ohne zu wissen, wie nah die Feuer in der Nacht kommen. Aber im Angesicht der Gefahr ruhig zu schlafen ist vielleicht genau das, was wir von den inaktiven Regierungsvertretern und Behörden lernen können.
Ich bleibe die nächsten drei Wochen in Lençois, so dass ich regelmäßig für Euch berichten kann. Morgen werde ich versuchen, in die Nähe eines der Brandherde zu wandern, um mir die Feuer mal aus der Nähe anzusehen. Aber die wirklich interessante Frage ist natürlich, wer diese Feuer gelegt hat, denn an eine natürliche Ursache glaubt kaum jemand von meinen bisherigen Gesprächspartnern. Es gab keine Gewitter, und außerdem gibt es zu viele Brandherde.
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Fackeln sie auch hier den Regenwald ab, um Ölpalmen anzubauen? Dafür gibt es aus dem Klima-Topf großzügige Förderungen!
Ich bin mir nicht sicher, ob das als Motiv dahintersteht. Die Waldbrände, die ich gestern gesehen habe (Fotos und Videos kommen später) waren an so entlegegen und bergigen Stellen, dass dort niemand irgendetwas anbauen könnte. Ich war 5 Stunden quer durch den Wald, auf kleinsten Pfaden und in Flussbetten unterwegs, um dorthin zu gelangen, und am Ende hätte ich noch immer eine über hundert Meter hohe Steilwand überwinden müssen.
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