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Das orthodoxe Christentum ist perfekt für Leute, die immer zu spät dran sind mit dem Geschenkekauf. Alles findet nämlich später statt. Weihnachten ist am 7. Januar, Ostern ist auch später (aber jedes Jahr mit einem anderem zeitlichen Abstand). Wer gerne feiert und trinkt, kann dieses Schisma auch dafür nutzen, zweimal zu feiern. Ich selbst habe nichts davon, weil ich sowohl im Westen als auch im Osten Atheist bin.
In Rumänien habe ich gemerkt, dass sich diese Zeitverschiebung auch auf den Valentinstag erstreckt. Gefeiert wird nicht am 14. sondern am 24. Februar. Es heißt auch nicht Valentinstag sondern Dragobete. Dieser ist in der rumänischen Mythologie der Sohn von Baba Dochia, der Hauptfigur in einer Frühlingssage.
Wenn ich herumfrage, wie Dragobete gefeiert wird, erzählt jeder etwas anderes. Manche sagen, man solle an diesem Tag Schnee sammeln, ihn einschmelzen und das Wasser für Heilzwecke aufbewahren. Es liegt aber schon lange kein Schnee mehr. (Globale Erwärmung.) Stattdessen kann man anscheinend auch Blumen pflücken und sich ins Haar flechten oder gegenseitig schenken. Außerdem habe es etwas mit dem Frühlingsanfang zu tun. Ich finde es traurig, den Frühlingsanfang damit zu feiern, die Blümchen, die sich gerade erst durch den harten Boden gekämpft haben, gleich wieder auszureißen.
Noch verwirrender wird es dann am 1. März, also heute. Jetzt wird nämlich noch einmal Frühlingsanfang und Valentinstag gefeiert, nur heißt der jetzt Mărțișor, auf Deutsch Märzchen. Plötzlich stehen überall in den Parks, vor den Kirchen und an den Bushaltestellen Hunderte von Ständen, an denen Hunderttausende von Anhängern mit einer rot-weißen Kordel feilgeboten werden. Eine Schätzung meinerseits ergab, dass in Târgu-Mureș (Einwohnerzahl ca. 140.000) mindestens 300.000 von diesen Märzchen verkauft werden.
Daraus schließe ich erstens, dass es Pflicht ist, in den kommenden Wochen dieses Abzeichen an der Jacke zu tragen, und zweitens dass sie für den Fall einer Währungsreform als Ersatzwährung gehortet werden.
Das sympathische und progressive an diesem zweiten Valentinstag ist, dass diesmal die Frauen die Männer beschenken.
Bis zum nächsten Feiertag!
Links:
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- Dieser Artikel erschien auch im Freitag.
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Der Unterschied zwischen den Festtagsterminen im westlichen und im orthodoxen Christentum dürfte darauf zurückzuführen sein, dass die orthodoxe Kirche nie den gregorianischen Kalender akzeptierte und das julianische Jahr ist einen Tick zu lang, verglichen mit dem Sonnenjahr. Deshalb ließ Papst Gregor XIII. bei Einführung des nach ihm benannten Kalenders 10 Tage entfallen, nämlich den 5.-14. Oktober 1582. Da die Jahre 1700, 1800 und 1900 nur im julianischen Kalender Schaltjahre sind, ist der Unterschied mittlerweile auf 13 Tage angewachsen.
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