Bogotá ist schon ziemlich grün für eine Großstadt, aber ich wollte nur Natur, ohne Stadt. Also habe ich ein kleines Häuschen nördlich von Kolumbiens Hauptstadt gemietet, wohin man über sanfte Hügel und vorbei an Kuhweiden gelangt und sich dabei die Straße zwischen den Feldern mit erstaunlich vielen Radfahrern teilt. Den letzten Kilometer geht es einen steilen Berg hinauf, wie zu einer Almhütte.
Es liegt genau zwischen Tenjo und Chía, beide Orte 6 km oder, wie der Vermieter sagt, „eine Stunde und 20 Minuten zu Fuß“ entfernt. Und man macht sich besser nicht zu spät auf den Weg, denn nach 18 Uhr ist es stockdunkel im Tal.
Außerdem wird es auf über 2700 m nachts etwas kühl.
Dafür war ich begeistert, als ich die Bücherecke erblickte.
Und was für eine beeindruckende Auswahl in dieser abgeschiedenen Hütte aufwartet: Immanuel Kant, Sigmund Freud, Hermann Hesse, William Shakespeare, Jean-Paul Sartre, Robert Musil, Viktor Frankl, Mahatma Gandhi und natürlich der Kolumbianer Gabriel Garcia Marquez. Die meisten davon schöne, gebundene Ausgaben aus den 1930er bis 1950er Jahren. In jener Zeit muss sich hier ein Intellektueller in den Bergen versteckt haben.
Es findet sich sogar ein umfangreiches Werk über die Gestapo,
in dem zwischen den Seiten 368 und 369 die Eintrittskarte zu einem Stierkampf am 3. Februar 1968 als Lesezeichen liegt.
Etwas verstörender fand ich die spanische Übersetzung des Tagebuchs von Joseph Goebbels,
deren Lektüre allerdings ausweislich des Lesezeichens schon auf Seite 46 abgebrochen wurde.
Als Lesezeichen dienten hier Quittungen des Unternehmens Remington Rand, einem der ersten Computerhersteller, aus dem Jahr 1955. Sehr mysteriös, was sich tief in den Bergen Kolumbiens damals abgespielt haben mag.
Auf dem Schreibtisch beachte man insbesondere den ausreichenden Zigarrenvorrat rechts. Wenn Zigarren nur 0,15 Euro das Stück kosten, dann kann man schon mal zugreifen.
Was die Pistole neben dem Compute soll, fragt Ihr? Die war auch schon da. Gehört anscheinend zum Haus. Unter der Treppe ist die Munition gelagert.
Der erste Abend klang jedoch ganz friedlich aus, mit einem Blick über das dank frischem Regen saftig grüne Tal in der Abendsonne.
(Das Haus habe ich über AirBnB gefunden, allerdings scheint es mittlerweile nicht mehr vermietet zu werden. Wenn Ihr Euch über diesen Link bei AirBnB anmeldet, bekommt Ihr einen Rabatt von 35 Euro, natürlich nicht nur in Kolumbien. – To the English version.)
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Wow das is ja echt ein schnuckeliger Ort zum Verweilen! Wie lange bleibst du dort?
Mindestens 10 Tage. Aber vielleicht finde ich einen Job als Melker und kann mich hier niederlassen. 😉
Wieso ist die Waffe da?
Das würde ich auch gerne wissen.
Ich nehme an, dass das auf dem Land ganz normal war/ist, dass die Leute eine Waffe haben.
Jetzt weiß ich wozu die Waffe da ist: um all die Spinnen abzuknallen.
Sind Spinnen da so groß, dassman sie abknallen muss? (Mach‘ mal ein Foto. Das will ich sehen.)
Ne, so groß sind sie nicht. Aber ich kann selbst kleine oder mittlere Spinnen nicht leiden.
Immerhin haben es diese mexikanischen Spinnen noch nicht nach Kolumbien gschafft: http://www.tagesschau.de/ausland/riesenspinne-mexiko-101.html
Zum Glück. So eine Spinne ist angsteinflößend.
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