Im Land der Freiheit haben die Menschen auch die Freiheit, auf Knall und Fall in die Armut und Obdachlosigkeit abzurutschen. Eine schlimme Scheidung, eine geschlossene Fabrik, eine hohe Arztrechnung, und schwupp, ist man freier als man je sein wollte.
„Nomadland“, ein hochgelobter Film, gibt vor, das Leben jener Menschen zu beleuchten, die in Wohnmobilen und Vans leben. Sie fahren vom Amazon-Lager zum Hamburgerbraten, vom Weihnachtsbaumverkauf zur Zuckerrübenernte und verdienen nie genug, um ein Haus zu mieten, geschweige denn eines zu kaufen.

Das ist ein wichtiges Thema, das einen guten Film verdient hat. Leider macht „Nomadland“, trotz aller Lobeshymnen, einen lausigen Job. So schlecht, dass der Film, wenn er einer dieser Mindestlohnarbeiter wäre, schon am zweiten Arbeitstag gefeuert worden wäre.
Der tägliche Überlebenskampf der Nomaden – die Kälte, der Hunger, die Benzinkosten, mangelnde Sicherheit, und immer wieder vertrieben zu werden, wenn man nur schlafen will – wird nur ganz kurz berührt. Der Film verbringt viel mehr Zeit mit Sonnenaufgängen, Sonnenuntergängen und langen Fahrten auf kurvigen Straßen durch Nevada, wie wenn das alles eine herrlich romantische Reise wäre.
Einmal fällt ein Satz über die Immobilienpreise, aber nichts über die inhärente Ungerechtigkeit des unbegrenzten Privatbesitzes von begrenztem Land. Und dann sagt einer der alten Vagabunden auch schon wieder etwas Esoterisches über Freiheit und Freundschaft und dergleichen. So kitschig wie „Eat Pray Love“, nur eben gefilmt unter Armen. Es ist letztlich Armutspornographie, die sich die Reichen anschauen können, um sich zu denken: „Naja, diese Leute wollen ja so leben.“
Und auch wenn Ihr von einem Film über ein drängendes soziales Problem nicht das gleiche erwartet wie ich, so werden Euch zwei Stunden entsetzlicher Langeweile erschlagen.
Der Film basiert auf dem Buch „Nomaden der Arbeit“ von Jessica Bruder. Nachdem ich ein paar Interviews mit ihr gehört habe, glaube ich, das Buch ist um Längen besser als der Film.
Was war Eure Meinung? Und welche Filme/Bücher empfehlt Ihr über Obdachlosigkeit und Armut? Für mich ist „Früchte des Zorns“ noch immer eines der besten. Ganz interessant scheint auch „Der Sandler“ von Markus Ostermair, aber das habe ich noch nicht gelesen.
Links:
- Weitere Filmbesprechungen.
- Und ein bisschen mehr über Armut.
- Übrigens, bevor jetzt wieder Leute sagen, wie schlimm in den USA alles ist und dass es so etwas in Deutschland nicht gibt: Auch bei uns leben ganze Industriezweige von der Ausbeutung von Arbeits- und Armutsnomaden.
immer wenn ich das gefuehl habe ,ich sei allein auf dieser welt,sehe ich diesen film am monitor des pc, dann sind wir zwei davon,ich und die hauptdarstellerin…das sonett von shakespeare ist ein lichtpunkt,aber wer weiss das schon?😉
ja. ich habe den film gesehen und er romantisiert ziemlich. unbedarfte lässt er zurück mit der frage: wozu?
man muss schon sehr genau hinspüren, um zu erfassen, worum es eigentlich geht.
verschenkt.
würde ich sagen.
Genau, „verschenkt“ bringt es gut auf den Punkt.
Eigentlich eine Frechheit, was da aus einem Buch gemacht wurde, das durchaus en Blick auf die wirtschaftlichen und sozialen Probleme schärfen will.
leider kenn ich das buch nicht. sollt ich vielleicht nachholen…
Ich habe es selbst auch noch nicht gelesen, aber aus den Interviews mit der Autorin und den Ausschnitten, in die man auf Amazon reinlesen kann, nehme ich die Hoffnung, dass es besser ist als der Film.
Schlechter kann es ja auch kaum sein…