Während der Fußball-EM merken auch die sonst eher migrationsskeptischen unter meinen Landsleuten, dass Einwanderer für das sie aufnehmende Land durchaus nützlich sein können. Es ist nicht unwahrscheinlich dass von den Kindern, die jetzt aus Syrien oder Afghanistan zu uns kommen, einige in 15 Jahren in der Bundesliga oder gar in der Nationalmannschaft spielen werden.
In Südamerika, wo es wichtigere Dinge als Fußball gibt, ist man schon viel weiter. In Peru wurde das Kind eines Flüchtlings gerade Staatspräsident. Pedro Pablo Kuczynski ist der Sohn von Max Hans Kuczynski, Medizinprofessor aus Deutschland, der 1933 nach Peru floh. Seine Mutter war Französin. Seine Gegenkandidatin in der Stichwahl war Keiko Fujimori, deren Vater als Kind japanischer Einwanderer ebenfalls schon peruanischer Präsident gewesen war.

„Die grimmige Laune habe ich von meinen deutschen Vorfahren.“
Vergleichbares würde in Europa zu erhitzten Diskussionen über „Leitkultur“, „Überfremdung“ und „Identität“ führen. In Südamerika ist man da wesentlich lockerer, liberaler und moderner, trotz bekanntermaßen schlechter Erfahrungen mit der ersten europäischen Einwanderungswelle ab 1492. Eine Ausnahme gibt es jedoch auch hier: Wenn Kuczynski von seinen Gegnern als „Ausländer“ bezeichnet wurde, dann meinten sie damit ausschließlich seine US-Staatsbürgerschaft, die er während des Exils in den USA erworben hatte, und auf die er einige Monate vor der Wahl verzichtete. Der Antiamerikanismus ist in Lateinamerika die vorherrschende Form der Fremdenfeindlichkeit, die leider von einigen Regierungen hier gerne geschürt wird.
Dass Nachkommen von deutschen Auswanderern Staatspräsidenten werden ist in Südamerika übrigens keine Seltenheit. Ernesto Beckmann Geisel (Brasilien), Hugo Banzer, Gérman Busch, Alberto Natusch Busch (Bolivien), Alfredo Strössner (Paraguay) waren jedoch allesamt Diktatoren. Fast würde man diesem Kontinent zu einem Verbot deutscher Einwanderer raten wollen. Rein als Vorsichtsmaßnahme.
Schöner artikel, vor allem der satz
„In Südamerika ist man da wesentlich lockerer, liberaler und moderner, trotz bekanntermaßen schlechter Erfahrungen mit der ersten europäischen Einwanderungswelle ab 1492.“
!!!
Danke!
Gerade jetzt, wo „christliches Abendland“ (wieder) als Kampfbegriff auftaucht, ist es interessant, sich in die Geschichte eines Kontinents einzuleben, für den einige Hundert Jahre lang alles Unheil von „christlichen Europäern“ ausging. Wobei ich nicht zu denjenigen gehören will, die behaupten, dass in Lateinamerika vorher alles Friede und Hochkultur war.