Weltliteratur aus Playmobil

Keine Zeit zum Lesen?

Ich glaube das ja eigentlich nicht, denn jeder Mensch hat jeden Tag 24 Stunden und davon kann man ein paar Stunden mit den interessantesten Zeitgenossen verbringen, die die Welt hervorgebracht hat: Bücher. Es gibt wohl keine bessere Kombination aus Unterhaltung, Bildung und Entspannung als diese praktischen und dazu oft nicht einmal teuren Drucksachen.

Und jetzt, wo viele nicht mehr in die Arbeit gehen müssen und diejenigen, die noch müssen, den Zug dorthin für sich alleine haben, wo man sich nicht mehr mit den ewig gleichen Leuten in den ewig gleichen Restaurants treffen muss, um sich gegenseitig zu langweilen und Ziegenkäsesalat zu bestellen, nur weil man dann gesünder wirkt als man wirklich ist, jetzt ist erst recht die Zeit für Bücher gekommen! Den Büchern ist es auch egal, wenn Ihr dazu Schokolade esst, raucht oder trinkt.

reading Moby Dick on Faial

Aber ich fürchte, dass unsere marktwirtschaftlich verdorbenen Mitbürger uns auch diesen Spaß madig machen werden und uns einst, in fernerer Zukunft als es sich die meisten bewusst sind, ganz kompetitiv fragen werden, wieviele Bücher aus dem Corona-Quarantäne-Klassiker-Kanon wir gelesen haben werden.

Noch schlimmer wird der Druck diejenigen treffen, die in diesem Unglücksjahr vor dem sommerlichen Notabitur stehen. Druck ist unmenschlich, egal ob er von der Schule, vom Chef oder von den Kollegen kommt, also darf man schummeln.

Und hier kommt Michael Sommer ins Spiel. Er ist Literaturwissenschaftler und Dramaturg und anscheinend alt genug, um noch mit biologisch nicht abbaubarem Plastikspielzeug aufgewachsen zu sein. Seine alten Playmobil-Figuren setzt er allwöchentlich ein, um Literatur auf die kleine Bühne des Schreibtischs und die große Bühne von YouTube zu bringen.

Das ersetzt in den seltensten Fällen die Lektüre der Bücher, aber wenn die (Zeit-)Not groß ist, dann kann man sich so den Faust, den weisen Nathan oder Macbeth in jeweils 10 bis 15 Minuten zu Gemüte führen. Und Ihr kennt mich, ich würde nichts aus reinen Effizienzgründen empfehlen. Aber bei Sommers Weltliteratur to go, wie der YouTube-Kanal heißt, wird – ganz anders als in diesem eher der Abschweifung und Weitschweifigeit fröhnenden Blog – auf prägnante, intelligente und kreative Art auf das Wesentliche fokussiert.

Bei der Aufgabe, Euch eine Auswahl aus den bisher etwa 300 Videos zu zeigen, fühle ich mich von der Wahl sehr gequält. Klickt Euch einfach selbst durch den YouTube-Kanal von Michael Sommer und verbringt so viele lustige Literaturabende. Ich fand die Videos übrigens immer viel besser, wenn ich das Buch schon gelesen hatte.

Na gut, die Odyssee muss man sich nicht unbedingt antun. Da ist die Kurzfassung sehr praktisch und für den Plausch an der Gyros-Bude vermutlich ausreichend.

Ich habe das Playmobil-Projekt über die Dramatisierung dieses romantischen Büchleins, das meine Lebensauffassung ganz gut wiedergibt, kennengelernt:

Auf dem obigen Bild blicke ich von der Walfängerinsel Faial über den Atlantik und lese, da war die Wahl mal keine Qual, vom gequälten Wal in „Moby Dick“. Deshalb habe ich mir das Video noch gar nicht angesehen. Aber wenn Ihr keine Zeit für 700 Seiten Seemannsgarn habt, könnt Ihr ja mal reinsehen.

Und jetzt bin ich gespannt auf Euer Lieblingsvideo!

Links:

Über Andreas Moser

Travelling the world and writing about it. I have degrees in law and philosophy, but I'd much rather be a writer, a spy or a hobo.
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5 Antworten zu Weltliteratur aus Playmobil

  1. benwaylab.com schreibt:

    Vielen Dank für diese Entdeckung. Ein toller Youtube-Channel. Wenn ich mal zu viel Zeit haben sollte, werde ich auch mal versuchen, mit den Playmobilfiguren meiner Kinder „Die Brüder Karamasow“ oder „Les misérables“ in fünfstündige Stop-Motion-Epen samt aller Dialoge zu verwandeln ;-). Die Adaption von, sage wir, Charles Bukowski wäre auch sehr amüsant.

  2. Edwina Engelmann schreibt:

    Das ist ja toll! Ich mag Lego sogar immer noch. Sehr meditativ. 😁

  3. Edwina Engelmann schreibt:

    1984 to go ist gut!

  4. Pingback: „Moby Dick“, ein Meisterwerk | Der reisende Reporter

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