Zu jedem guten Abenteuer gehört, dass man sich auch mal verläuft oder verfährt. Wie Kolumbus. Wenn ich Glück habe, entdecke ich eine unerwartete Burg oder einen geheimen U-Boot-Hafen. Aber ein ganzer Kontinent ist mir noch nicht untergekommen.
Das ist vielleicht auch besser so, denke ich mir nach der Lektüre von Charles Manns Buch „Kolumbus‘ Erbe“, der beschreibt, wie die „Entdeckung“ Amerikas durch Europäer den Handel, die Ökologie und das Leben auf der Erde revolutionierte. Das klingt nach einem enormen Projekt, was es auch ist. Es mag auch nach ziemlich trockenem Stoff klingen, was es überhaupt nicht ist. Dies ist eines der besten Sachbücher, die ich je gelesen habe.

Aus diesem voluminösen, aber dennoch leicht lesbaren Buch habe ich so viel gelernt, was ich hätte wissen sollen, so viel, von dem ich nicht wusste, dass ich es überhaupt hätte wissen können, und ich habe gelernt, über einige historische, ökologische und ökonomische Zusammenhänge anders nachzudenken. Die Globalisierung ist wirklich nichts Neues, ebenso wenig die Zerstörung der Umwelt durch den Menschen.
Fast jede Seite enthält faszinierende Informationen, Analysen, Geschichten und Charaktere; die meisten davon waren für mich vollkommen neu. Zum Beispiel
- dass schon vor 400 Jahren billige chinesische Exporte europäische Hersteller aus dem Geschäft drängten,
- dass die höchstgelegene Stadt der Welt (Potosí) einst auch die reichste und brutalste Stadt zugleich war,
- dass Chinas Bevölkerung erst so schnell wachsen konnte, nachdem sie Mais und Kartoffeln aus Amerika importiert hatten, weil diese Pflanzen auf Böden wachsen konnten, auf denen Reis nicht gedieh,
- dass der Kindermord an Mädchen in China bereits in der Qing-Dynastie ein Problem war, also vor der Ein-Kind-Politik,
- wie die britischen Siedler in Nordamerika die Kleine Eiszeit herbeigeführt haben könnten, ein frühes Beispiel für vom Menschen verursachten Klimawandel,
- dass Charles Goodyear im Gefängnis saß, während er an dem Verfahren zur Vulkanisierung von Gummi arbeitete,
- dass Zehntausende afrikanischer Sklaven in Amerika entkamen und ihre eigenen Gemeinschaften, ja sogar Königreiche gründeten,
- dass pazifische Inseln mit einer Schicht von bis zu 50 Meter Vogelkot den Dünger für Europa lieferten, und dass dieser Guano von chinesischen Sklaven geerntet wurde.
Ich könnte weiter und weiter und weiter erzählen. Viele schillernde Charaktere erwecken die Geschichten zum Leben, aber trotz der abenteuerlichen Biographien ist dies keine Abenteuergeschichte. Es ist eine brutale Geschichte von Tod, Zerstörung, Krankheit, Versklavung und Ausbeutung.
Nur eines habe ich vermisst: Während die Entdeckung, der Anbau und der Handel von Tabak in interessanten Details behandelt wird, wird die andere große amerikanische Erfindung, die unser Leben besser macht, fast nicht erwähnt: Schokolade.
Kennt Ihr ähnliche Bücher? Nur her mit Euren Empfehlungen!
Links:
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- Mehr Buchempfehlungen (und dazwischen ein paar Nichtempfehlungen) sowie meine Wunschliste für weiteren Lesestoff.
Pingback: “1493” by Charles C. Mann | The Happy Hermit
das ueber eine Dekade alte Buch enthaelt Informationen die nicht oder sehr wenig mit Columbus in Zusammenhang gebracht werden koennen.wenig da vom Ei des Columbus…😉😁
Es geht ja auch nicht um Kolumbus persönlich, sondern um die Globalisierung seit 1492.
meinst du die Riesenkonzerne und den unfairen Handel,den sie betreiben?damit hatte Columbus auch wenig am Hut… 😁
Dafür umso mehr mit „land grabbing“.
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