Das Schöne am Housesitting ist nicht nur, dass ich relativ kostenlos längere Zeit an Orten verbringen kann, die ich mir selbst nicht leisten könnte, und dass ich so ein bisschen Ruhe in mein ansonsten ständig weltreisen müssendes Leben bringe, sondern auch, dass bis vor kurzem vollkommen fremde Menschen mir ihr Haus und ihre Katze anvertrauen.
Dachte ich.
Bis ich ein Gerät entdeckte, das sich feige hinter einem Feigenbaum versteckte.

So eine Tarnung täuscht jedoch keinen Meisterspion.
Sofort war mir klar, womit ich es hier zu tun hatte: einem dieser Abhörgeräte, das sich Leute, die vom Thermomix und vom Rasenmähroboter schon gelangweilt sind, zum vergangenen Weihnachten selbst gekauft hatten. Denn, so denkt der Bünzlibürger, besser etwas Unnötiges kaufen, als das Geld zu spenden oder gar – welch schreckliche Vorstellung – weniger zu arbeiten.
Natürlich wusste ich mir zu helfen. Genauso wie ich es bei einem unerwünschten menschlichen Sowjetspion gemacht hätte, stülpte ich dem Elektronikteil einen Sack über den Kopf, gab ihm noch einen Tritt auf die Nüsse und steckte es dann in die Tiefkühltruhe. Da kann Alexa oder Siri gerne den Pommes lauschen, die dort schon seit Ewigkeiten, tja, eben nicht bestimmungsgemäß schmoren, sondern absichtlich vergessen wurden, weil die Ehefrau es in einer revolutionär-feministischen Anwallung ziemlich doof fand, zum Muttertag rohe Kartoffelstäbchen und – es war die Zeit vor dem Thermomix – eine Fritteuse geschenkt bekommen zu haben.
In dem Roman Die Zwölf Stühle fragt Ostap Bender immer wieder rhetorisch „Wollen Sie vielleicht noch den Schlüssel zu der Wohnung, wo das Geld liegt?“, wenn er mit unverschämten Forderungen konfrontiert wird. Mir scheint, dass viele Menschen sehr gerne sehr viel mehr von sich preisgeben, wenn auch nicht zwischenmenschlich, so doch gegenüber milliardenschwerden, steuerhinterziehenden, datensammelnden und gesetzesbrechenden Unternehmen. Und wofür? Damit sie sich vor den Nachbarn oder den Schwiegereltern einmal zum Affen machen können, wenn sie vorführen, dass der Befehl „Alexa, öffne die Garage“ das Garagentor öffnet. Früher hätte man stolz einen Haussklaven präsentiert. Nur dass der nicht jedes Wort, jedes Niesen und jedes Stöhnen aufgezeichnet, gespeichert und ausgewertet hätte.
Am Tag vor der Abreise werde ich das Spionagegerät wieder auftauen und, die Stimme der Eigentümer imitierend, bei Amazon 12.000 Rollen Toilettenpapier bestellen.
Links:
- Mehr Artikel zum Housesitting, insbesondere die häufigsten Fragen für Nachahmungswillige.
- Mehr Technikkritik.
- Und ein paar Plaudereien aus dem Spionagenähkästchen.
Mist, ich habe den Beitrag nur angeklickt, weil ich dachte es geht um Tiere 😉
So wird Kreativität zum Clickbait-Vorwurf. 😀
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