Als ich in einem Schulhof in Copacabana in Bolivien diese Wandmalerei sehe, stellen sich gleich ein ganzer Haufen von Fragen.

1 – Wer war Max Scheler?
Der Name klingt verdächtig deutsch. Und wenn es ein Deutscher/Österreicher/Schweizer zu ausreichender Bekanntheit bringt, dass eine Schule in Bolivien sich nach ihm benennt, sollte ich ihn kennen, zumindest mal seinen Namen gehört haben.
Aber ich habe keine Ahnung. (Nicht zum ersten Mal.)
Von Wikipedia erfahre ich, dass Scheler ein deutscher Philosoph, Psychologe, Anthropologe und Soziologe war (1874-1928). Auf der Website der Max-Scheler-Gesellschaft findet sich das folgende Zitat von Hans-Georg Gadamer aus dem Jahr 1995,
Es ist sicher unglaublich. Aber wenn man heute einen für Philosophie interessierten jungen oder selbst einen älteren Menschen fragt – er weiß kaum, wer Scheler war.
aber das vermag mich nicht zu trösten. Immerhin habe ich Philosophie studiert. Vielleicht hätte ich das in Deutschland anstatt in Großbritannien tun sollen.
Außerdem schrieb Martin Heidegger, wenn auch schon 1928:
Max Scheler war – vom Ausmaß und der Art seiner Produktivität ganz abgesehen – die stärkste philosophische Kraft im heutigen Deutschland, nein, im heutigen Europa und sogar in der gegenwärtigen Philosophie überhaupt.
Und niemand geringerer als der spätere Papst Johannes Paul II. habilitierte sich 1953 mit der Arbeit „Beurteilung der Rekonstruktionsmöglichkeiten einer christlichen Ethik auf der Basis der Voraussetzungen des ethischen Systems von Max Scheler“.
2 – Wie kommt Max Scheler an diese Schule am Ufer des Titicaca-Sees?
Ganz ehrlich: Keine Ahnung.
Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Scheler je den wunderschönen Ort gesehen hat, an dem sein Konterfei jetzt eine Schule ziert.
3- Warum ist Max Scheler in Südamerika bekannter als in Deutschland?
Eine kurze Recherche ergibt, dass es an mehreren Orten in Südamerika Max-Scheler-Schulen, -Gymnasien und -Kindergärten gibt. In Deutschland reichte es nur für die Max-Scheler-Straße in Köln und den Schelerweg in Dortmund.
Ich habe versucht, einen Zusammenhang zwischen Scheler und Bolivien oder zumindest Südamerika zu eruieren, aber bis auf die Verbeitung der Ideen Schelers (und anderer deutscher Denker) in Lateinamerika durch José Ortega y Gasset habe ich keinen feststellen können.
4 – Wieso wird auf einem Schulhof ein Mann mit Zigarette abgebildet?
Das weiß nur der Maler.
5 – Wann wird die Außenwand endlich mal wieder neu gestrichen?
Das fragt sich der Maler auch.
– – –
Wissenslücken gehören zu den interessantesten Entdeckungen beim Reisen.
Links:
- Mehr Entdeckungen aus Bolivien, u.a. in weiteren bolivianischen Schulen.
- Die Max-Scheler-Gesellschaft.
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With enough time, everyone’s name, as well as everyone, fades from memory. Remember Ozymandias? „Sometimes you want to go where everybody knows your name,“ huh! But the truth is eventually nobody knows your name . . . or even their own . . . except for one Person, Jesus Christ. That’s why the man with his eyes finally opened as he hung dying on a Roman cross beside Jesus said with his last breaths, „Remember me, Lord, when you come in Your Kingdom.“ https://youtu.be/7KtAgAMzaeg?si=BCCV2XrqnWb5zkCy
Andreas, you and Max just inspired my latest blog post. Enjoy.
Die Gedanken von Max Scheler haben durchaus Relevanz für Bildung und Lernen, auch wenn er sich nicht primär mit Pädagogik beschäftigt hat.
Vielen Dank für diese Aufklärung, Edwina!
Das hätte ich alles gerne gewusst, während ich an dieser Schule am Titicaca-See vorbei spazierte.
Aber warum ist er in Südamerika fast bekannter als in Deutschland?