Ich habe fast ein schlechtes Gewissen, schon wieder einen kleinen Ausflug im Rahmen meiner Reise zum Mittelpunkt Europas anzukündigen.
Schließlich stehen noch immer die Artikel über die zuletzt besuchten Mittelpunkte in Cölbe, bei Purnuškės, im Europa-Park nördlich von Vilnius und in Suchowola aus. Dazu habe ich noch eine geodätische Sonderfolge über die Mittelpunkte von Chemnitz in der Schublade.

Bei meiner kleinen Geschichtsreihe sind ich auch schon etliche Monate ausgefallen. Die Lage auf diesem Blog is also desaströs.
Aber leider habe ich, seit ich wieder als Rechtsanwalt arbeite, viel weniger Mußestunden zur Verfügung, als einem nach der Menschenrechtskonvention eigentlich zustünden. Scheidungen, Kindesentführungen, Drogen und das neue Staatsangehörigkeitsrecht, all das hält mich auf Trab. Und ein Großteil meiner Kreativität fließt in Schriftsätze, die leider nur einem sehr exklusiven Publikum zuteil werden.
Kurzum: Ich brauche dringend Urlaub.
Also habe ich mir aus den vermeintlichen Mittelpunkten Europas denjenigen herausgesucht, den ich unbesehen für den schönsten und traumhaftesten von allen vermute: die Insel Saaremaa vor der Küste Estlands.

Vor etlichen Jahren war ich bereits auf der kleineren Nachbarinsel Hiiumaa. Ein absoluter Geheimtipp für alle, die etwas gegen den Overtourism unternehmen wollen.

Damals war Ende Oktober, und es hatte gerade geschneit. Deshalb fahre ich dieses Mal im September, wenn noch bestes Badewetter ist, wie die folgenden Videos zeigen:
Na gut, vielleicht packe ich doch besser einen Pullover ein.
Und wenn ich es mir recht überlege, gehe ich eigentlich sowieso lieber Wandern als Schwimmen.
Am meisten gespannt bin ich auf die Ruhe. Saaremaa ist größer als das Saarland, aber es leben nur 36.000 Menschen auf der Insel. Und von denen sind wahrscheinlich gerade die Hälfte zum Studium oder zum Arbeiten auf dem Festland.
Außerdem freue ich mich darauf, dass es auf einer überwiegend menschenleeren Insel sicher kein Mobilfunknetz und kein Internet gibt. Ich habe bereits einen Rucksack voller Bücher gepackt und sehne mich nach einer analogen Auszeit von allen Problemen dieser Welt. (Wenn nicht gerade wieder irgendeine depperte Großmacht auf Saaremaa einfällt.)
Bis Ende September wird hier also Funkstille herrschen.
Aber danach gibt es hoffentlich wieder regelmäßiger etwas zu lesen. Ich habe nämlich bis Ende des Jahres einen Aufnahmestopp für neue Mandanten verhängt, um mehr Zeit zum Schreiben – und zum Studieren – zu finden. Ich dachte mir, im grauen Herbst und im kalten Winter habt Ihr die Reiseberichte aus aller Welt nötiger als jetzt im Sommer. Zumindest geht es mir so.

Links:
- Der Überblick zum Projekt „Reise zum Mittelpunkt Europas“.
- Die Tourismusbehörde von Saaremaa.
- Frühere Berichte aus Estland.
Hallo Herr Moser,
im Jahre 2002 haben meine Gattin und ich unsere Hochzeitsreise nach Estland unternommen. Wir waren begeistert von Land und Leuten. Waren auch auf ein paar der unendlich vielen Inseln. Leider habe wir es bisher nicht geschafft, wieder mal in diese traumhafte Land zu fahren.
Freue mich auf weitere Berichte von Ihnen aus Estland.
Viele Grüße
Wolfgang Krusch
Dresden
Hallo Herr Krusch,
das freut mich, dass Sie so schöne Erinnerungen haben!
Bei mir ist es nicht ganz so lange her, ich habe um 2012 für ein Jahr in Vilnius gelebt und bin in der Zeit natürlich auch ein bisschen durchs Baltikum gereist.
Es hat mir damals schon wunderbar gefallen, aber mit zunehmendem Zeitablauf habe ich es noch mehr zu schätzen gelernt. Es ist einfach gut, zu wissen, dass nicht weit von hier schöne, freundliche, stabile Länder mit viel Natur, netten aber nicht allzu vielen Menschen und einer guten Lebensqualität sind, wo man es mal eine Weile aushalten könnte.
Für mich persönlich ist es besonders wichtig, dass nicht zu viele Menschen auf einem Haufen sind und dass man auch mal seine Ruhe haben kann. (Deshalb präferiere ich auch Chemnitz gegenüber Dresden. 😛 )
Diesen Sommer war ich zum ersten Mal wieder in Litauen, und ich hatte vorher schon ein bisschen Bammel. Manchmal gefällt einem ja ein Land oder eine Stadt beim zweiten Mal gar nicht mehr, und man fragt sich, ob sich der Ort oder man selbst verändert hat.
Aber vom ersten Moment an, wo der Bus aus Polen in Litauen war, wo es hügeliger und noch grüner wurde, hatte ich ein überwältigendes Glücksgefühl. Am liebsten hätte ich den Bus angehalten, wäre durch die Wiesen gerannt und hätte am liebsten die schiefen Holzhäuser umarmt.
Bis bald mit hoffentlich einigen interessanten Geschichten aus Saaremaa,
Andreas Moser
Wenn der Rettungsschuppen noch besetzt ist, dürfte da heute ein Motorrettungsboot drin stehen. Zu Ruderbootzeiten müssen die wirklich jeden Einwohner des kleinen Örtchens am Leuchtturm an die Riemen geholt haben. Hast Du einen Orts- oder Leuchtturmnamen für weitere Recherche?
Gut, Motorboote, so viel Modernisierung kann ich gerade noch tolerieren.
Namen habe ich natürlich noch nicht, ich war ja noch nicht auf Saaremaa.
Aber weil ich mich bei meinen Wanderungen auf Inseln gerne einfach an der Küstenlinie halte, werde ich da hoffentlich vorbeikommen!
Für Freunde von Rettungsbootschuppen empfehle ich Kapitel 12 meiner Wanderung um Cornwall: https://andreas-moser.blog/2020/12/18/newquay/
Das ist mal ein cooler Schuppen!
Mmm, que bonito lugar. La última fotografía me ha emocionado, espero con atención tu informe, buen viaje!
Pingback: Next Trip: Saaremaa | The Happy Hermit
Das ist Estland, da gibt es bestimmt in jedem einsamen Winkel, in jedem abgelegenen Wald Netz und Handyempfang 😉
Oh.
Daran habe ich gar nicht gedacht.
Wahrscheinlich werde ich dann sogar noch ausgelacht, wenn ich mit meinem alten Nokia-Handy and mit Büchern aus Papier auftauche, und wenn ich in der Tourismusinformation nach einer Landkarte frage.
Sareema ist für mich ein Traum. Wir sind da mal auf einer Rundreise um die Ostsee vorbeigekommen. Genau mein Ding. Reichlich Natur und man kommt an’s Wasser. IIRC gab es aber durchaus Internet und Telefon, was kein Fehler ist – IMHO.
Ja, dieses Teufekszeug funktioniert hier tatsächlich.
Aber die Insel ist wirklich ein Paradies!
Ich bin kreuz und quer mit dem Fahrrad unterwegs und muss manchmal erschöpft anhalten. Erschöpft nicht vom Radeln, sondern überwältigt von der unfassbaren Schönheit von Saarema.
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