
An der deutsch-polnischen Grenze ist zur Zeit viel Polizei. Wonach sie denn Ausschau halten, frage ich.
Zigarettenschmuggler, sagt die Beamtin, während ihre beiden Kollegen ostentativ der Meinung sind, dass man Fragen von Bürgern gar nicht zu beantworten habe. Vielleicht streiken sie aber auch. Machen ja zur Zeit viele. Wegen Inflation und so. Aber wenn Deflation ist, verzichtet niemand freiwillig. Homo homini inflatius.
Ob in beide Richtungen geschmuggelt würde, frage ich. Die Zöllnerin sieht mich an, wie wenn sie in Gedanken ihre rudimentären Kenntnisse des Strafrechts durchgeht, um zu prüfen, ob Dämlichkeit strafbar ist. Ist sie nicht. Sonst wären die Gefängnisse voll, sag ich Euch, vor allem am Valentinstag.
Zigaretten werden eigentlich nur von Polen nach Deutschland geschmuggelt, sagt sie in einem Ton, wie wenn man das auch von der Sendung mit der Maus wissen könnte.
Ich bedanke mich und spaziere betont unauffällig nach Polen. Das ist hier ganz einfach. Guben, deutsche Seite. Brücke. Gubin, polnische Seite. Kein Pass, keine Schranke, keine Kontrolle. Nicht einmal erschossen wird man mehr. Ist schon eine tolle Sache, diese Europäische Union. Jetzt werden Menschen nur an den Außengrenzen umgebracht, wo man das nicht mit ansehen muss.

Ich bin einer von den Deutschen, denen bei jedem Grenzübertritt bewusst wird, zumindest abstrakt, wieviel Leid Deutschland über unser sympathisches Nachbarland gebracht hat. Nicht zuletzt weil meine polnischen WG-Genossinnen in Bari mich immer wieder daran erinnert haben. Gar nicht absichtlich, nehme ich an. Aber das waren halt junge Menschen, die selbst noch nichts erlebt hatten. Also erzählten sie von ihren Großeltern. Und da kamen immer Deutsche vor, die den Bauernhof anzündeten, die Milch austranken, die Kuh schlachteten, die Oma erschreckten und den Opa erschossen.
Und jetzt schmuggeln die Deutschen den Polen auch noch die Zigaretten weg.
Ich entscheide mich, als kleine Geste der Wiedergutmachung, jeden Tag eine Zigarre auf die polnische Seite zu schmuggeln und dort zu rauchen.

Die haben dort sowieso die schöneren Parks.
Wenn Ihr in Polen übrigens einen Park sucht, fragt nach Adam Mickiewicz. Der hat in jeder Kleinstadt einen Park gepflanzt. Wirklich in jeder. Sollte eigentlich ein Nationalheld sein, dieser Typ.
Links:
- Mehr Geschichten aus Polen. Wenn endlich der Winter kommt, finde ich hoffentlich Zeit, über meine Reise nach Krakau und Auschwitz zu schreiben.
- Mehr Zigarrengeschichten.
- Ein etwas komplizierterer Grenzübertritt. Und noch einer.
Pingback: Smuggling Cigars into Poland | The Happy Hermit
Bin wirklich sehr froh deinen Blog gefunden zu haben. Und den täglichen Zigarrenschmuggel finde ich einfach eine richtig gute Idee.
Vielen Dank!
Und die polnische Seite hat wirklich einige Vorteile.
Die Theaterinsel und große Parks. Vor allem die am Hang, wo man den ganzen Nachmittag/Abend die Sonne genießen kann.
Und man läuft weniger Gefahr, den Jungs vom „Dritten Weg“ in die Arme zu laufen, so wie gestern beim Neiße-Center in Guben:
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