So haltet Ihr Euch die Zeugen Jehovas vom Leib.

Fast könnte ich Verfolgungswahn bekommen, wenn ich mir ins Gedächtnis rufe, in wie vielen Ländern mich die Zeugen Jehovas schon zu Hause aufgesucht haben: in Deutschland, England, Malta, Litauen, Italien, Rumänien, Bolivien und Peru. In Sizilien und in Rumänien kamen sie in den ersten Tagen nach meinem Einzug, wie wenn sie ständig und weltweit alle Um-, Ein- und Auszüge überwachen, wie der Geheimdienst des Herrn Jesus. Oft kreuzten [bitte die heilig-geistreiche Anspielung auf Jesus‘ Tod nicht überlesen!] die Zeugen Jehovas schon vor den bestellten Installateuren für das Internet auf, was in mir eine Geschäftsidee reifen ließ, die ich dem Vorstandsvorsitzenden der Zeugen mal übermitteln muss.

Und dann kommen noch die älteren Damen dazu, die einen im Park ansprechen, die jüngeren Damen, die mit einer Bibliothek evolutionsmissverstehender Pamphlete in der Fußgängerzone stehen, und die Herren, die sich ganz zufällig im Zug neben einen setzen.

Aufgrund meiner etwa 67 Begegnungen mit den Jesuszeugen weiß ich mittlerweile auch, wie man sie sich vom Hals hält:

  • Darauf zu verweisen, dass man Atheist ist, und zwar schon seit 25 Jahren, und ja, dass man sich das gründlich überlegt habe, und dass – wenn ich ungeduldig werde, werde ich manchmal elitär – man ja immerhin Philosophie studiert habe und deshalb durchaus über die wichtigen Aspekte des Lebens auf höherem Niveau nachgedacht habe, hilft gar nichts.
  • Humor hilft auch nicht. „Hallo, wir sind von den Zeugen Jehovas.“ Darauf ich: „Ach, Jesus wurde also doch gezeugt?“ Der schon von vornherein nicht sehr hochwertige Witz fiel auf vollkommen humorlose Ohren. Vielleicht ist Humor ebenso verboten wie Tabak und Alkohol.
  • Zigarren zu rauchen, während einen die Abstinenzler mit ihrem Wortschwall zuqualmen, hilft auch nicht. Ich glaube, sie fühlen sich dadurch im Vergleich sogar als bessere Menschen. „Hast Du den armen, schwachen Sünder gesehen, wie er Teufelszeug geraucht hat?“ sagen sie dann beim Hinausgehen zueinander.
  • Extrem aggressive Unfreundlichkeit habe ich noch nicht probiert. Ich wünsche, ich wäre mal in der Stimmung dazu, wenn es klingelt, aber meist bin ich zu guter Laune.

Aber jetzt kommt der Trick:

  • Schon dreimal gingen die Zeugen Jehovas nach einer halben Minute von selbst. Jedes Mal war einer der Zeugen im Redefluss, während der andere mich begutachtete und dann etwas bemerkte, was ihm gar nicht gefiel. Entsetzt zupfte er seinen Kollegen am Ärmel, deutete mit offenem Mund auf meinen Bauch, und beide verabschiedeten sich blitzschnell.

Was war passiert?

  • Ich habe einen Pullover mit dem Logo der Israelischen Luftwaffe. Da er bequem ist, trage ich ihn zuhause oft. So prangt auf meiner Brust dann ein Davidstern, der die Zeugen anscheinend das Fürchten lehrt.
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Zum ersten Mal passierte dies in Malta, wo ich es noch auf den landesüblichen Antisemitismus schob. Als dann aber das gleiche in Litauen und in Rumänien geschah, erkannte ich ein über die Persönlichkeit der an der Tür klingelnden Einzelpersonen hinausgehendes Muster.

Eine kurze Recherche ergab, dass die Zeugen Jehovas tatsächlich eine antisemitische Tradition haben, die durchaus noch gepflegt wird und sich auch gegen den Staat Israel richtet.

Aber wenigstens wisst Ihr jetzt, wie man diese aufdringlichen Kerle ganz schnell loswird. Viel Erfolg!

(Den Pullover habe ich online nicht gefunden, aber hier könnt Ihr ein T-Shirt mit dem gleichen Logo bestellen. – Click here for the English version of this article.)

Über Andreas Moser

Travelling the world and writing about it. I have degrees in law and philosophy, but I'd much rather be a writer, a spy or a hobo.
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13 Antworten zu So haltet Ihr Euch die Zeugen Jehovas vom Leib.

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  2. Oskar schreibt:

    Eigentlich reicht es zu sagen das man kein Interesse hat. Das geht wie ganz freundlich.

    • Andreas Moser schreibt:

      Ich glaube, das sind die Jehova-Anfänger, die dann gleich aufgeben. Und dann kommt man in eine Datei von harten Fällen und die Senior-Jehovas kommen vorbei.

      In Italien ging mir das mal mehrere Monate so (bis ich wegzog). Obwohl ich von Anfang an sagte, dass ich Atheist sei, und wirklich deutlich machte, dass ich nicht an Götter glaube, kamen sie immer wieder vorbei. Immer mit anderen Kollegen, die dachten, sie könnten mich knacken wie eine harte Nuss. Ich habe dann den nettesten von der Gruppe, mit dem ich mich zwischenzeitlich trotz der Differenzen angefreundet hatte, mal gefragt, wieso sie eigentlich noch vorbeikommen, obwohl doch klar ist, dass ich nicht eintrete. Er erklärte mir, dass es darum gehe, vor Gott zu beweisen, dass man nicht aufgebe. Hartnäckige Fälle geben mehr Punkte, und da die Plätze im Himmelreich auf 144.000 begrenzt seien, müsse man sich ständig hervortun (auch gegenüber anderen Zeugen), um das Wohlwollen von Jesus zu erlangen. Dabei ginge es mehr um das Bemühen als um den Erfolg.

  3. Hans-Joachim Taschner schreibt:

    Wenn doch die Plätze im Himmel auf 144.000 begrenzt sind und es die ZJ nicht erst seit gestern gibt, glaubt doch der vermessenste nicht, dass da noch ein Plätzchen frei ist. Die muslimischen Märtyrer glauben ja noch an die 72 Jungfrauen – oder sind die etwa teilbar!?

    • Andreas Moser schreibt:

      Man müsste das so machen wie bei Bitcoin, dass immer neue Plätze produziert werden, aber mit abnehmener Zuwachsrate. Das wäre das perfekte Anreizsystem.

      Ich persönlich glaube allerdings nicht einmal an Bitcoin.

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  8. Katz schreibt:

    Rumänien ist auch durchsetzt von der Z.J. Sekte. Hier in der Nachbarschaft wohnen ein paar. Sie sehen alle gleich aus. Lauter Klons. Und alles „dirty nazis“.

    • Andreas Moser schreibt:

      In Rumänien war ich bei Wanderungen übers Land oft überrascht, wie weit die Zeugen Jehovas in die Provinz vorgedrungen sind.
      Kein Arzt, eine zerfallende Schule, aber ein protziger Tempel, selbst im hinterletzten Dorf.

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