Ich habe einen Bären gesehen! (mit Video)

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Die Schilder mit den Hinweisen auf die „Bärengefahr“ wirkten auf mich eher anziehend als warnend. Schon im Yosemite-Nationalpark in Kalifornien hatte ich vor Jahren vergeblich versucht, einen Bären in freier Wildbahn zu erspähen. Jetzt in Rumänien musste es doch endlich klappen!

Bärenwarnung

So verbrachte ich in den vergangenen Tagen soviel Zeit wie möglich in den Wäldern rund um Bad Tuschnad in Transsilvanien. Den ganzen Freitag: Fehlanzeige. Samstag: Fehlanzeige. Die Enttäuschung stieg. Sonntag: Ohne besondere Hoffnungen wanderte ich vormittags zu einem Festungsturm, der oberhalb der Stadt im Wald liegt. Am Nachmittag würde ich abreisen müssen, viel Zeit blieb also nicht mehr.

Turm im Wald

Ich ging leise und vorsichtig, passte auf, keine Äste zu zertreten, und trug sicherheitshalber sogar meine Brille. Nur ein paar Minuten außerhalb der Ortschaft raschelte es links von mir im Wald. Es daurte ein wenig, bis ich es erkannte. Tatsächlich: ein Bär!

Das erste Foto zeigt die Entfernung zwischen dem Bären und mir (circa 50 Meter), das zweite zeigt die Umrisse des Bären ein wenig deutlicher.

Bär gross
Bär klein

Ich blieb wie angewurzelt stehen. Meine Beine zitterten. Mein Herz schlug rasend schnell. Sollte ich bleiben, weglaufen, langsam umkehren? Wie immer in solchen Situationen obsiegte die Neugier über die Angst, obwohl ich letztere nicht zu leugnen versuchen würde.

Also filmte ich, leider nur für ein paar Sekunden, weil der Bär dann im grünen Dickicht verschwand, ohne mich überhaupt bemerkt zu haben.

Trotz der Kürze der Begegnung war ich überwältigt. So ein schönes Tier, so gemütlich, aber gleichzeitig majestätisch. Löwe, Tiger und Elefant mögen sich darüber streiten, wer der König des Dschungels ist; der König der europäischen Wälder ist eindeutig der Bär.

Ich benötigte noch mehrere Minuten, bis sich meine Atmung und mein Puls normalisiert hatten. Wahrscheinlich stand ich da im Wald mit einem deutlich sichtbaren Glücksgefühl, wie wenn ich einen Schatz gefunden hätte. Ich begab mich weiter in die Richtung, in die der Bär spaziert war, immer noch ganz leise, die Kamera bereit. Leider traf ich aber weder auf diesen noch auf andere Bären.

Auf dem Rückweg kamen mir drei junge Rumänen entgegen, die mich nach dem Weg zum Apor-Turm fragten. Ich wies auf den Bären hin und zeigte ihnen das eben gedrehte Video. Sie schienen fast erfreut, auf jeden Fall nicht beunruhigt, und machten sich auf in Richtung des letzten bekannten Aufenthaltsortes des Braunbären. Angst vor Bären? Nicht hier in Transsilvanien. Zu dritt kann man allerdings auch leicht mutig sein.

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Über Andreas Moser

I am a lawyer in Germany, with a focus on international family law, migration and citizenship law, as well as constitutional law. My other interests include long walks, train rides, hitchhiking, history, and writing stories.
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17 Antworten zu Ich habe einen Bären gesehen! (mit Video)

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  2. AMC schreibt:

    Ein phantastisches Erlebnis. Ich danke (wieder), dass du uns teilnehmen lässt!

  3. American Viewer schreibt:

    Ein tolles Video. Das wirkt alles sehr nah. Und der Braunbär wirkt noch sehr jung. So 3 bis 4 Jahre. Was bedeuten würde, dass die Mutter noch in der Nähe sein kann.

    Er scheint dich absolut nicht zu bemerken. Bären sind oft so, dass sie ohne großes Interesse an anderen laut keuchend vor sich hinwursteln. Wenn sie einen dann sehen, machen sie oft kehrt. Oder aber der Bär ist neugierg und will mit einem „spielen“. Oder noch schlimmer, hinter dir steht plötzlich die Mutter.

    Bären sind bekanntlich deutlich schneller als Menschen und auf Bäume klettern können sie mindestens so gut wie wir. Also gibt es nicht sehr viele Auswege, wenn dich ein Bär erst einmal ins Visier genommen hat. Vielleicht ist es am besten man bleibt ruhig aber bestimmt stehen, wenn ein Bär auf einen zurennt? Das klappt manchmal bei Gorillas oder Elefanten. Aber die essen auch eher wenig Fleisch. Ich hätte mir vor Angst jedenfalls in die Hosen gemacht, das ist sicher.

    • Andreas Moser schreibt:

      Ich hatte auch wirklich Angst und war froh, dass er mich überhaupt nicht bemerkt hatte. Aber dann war da eben auch die Faszination. Ich fühlte mich auch weniger bedroht weil die Begegnung nur ein paar Minuten außerhalb der Ortschaft und damit nicht in der tiefsten Natur stattfand. Irgendwie dachte ich, dass mich der Bär deshalb wahrscheinlich nicht zu weit verfolgen würde, wenn ich zurück Richtung Ortschaft laufe (obwohl die Bären nachts in den Ort kommen um den Müll zu durchwühlen).

      Ohne dass ich irgendwelche Bezugsgrößen hatte, fand ich den Bären auch relativ klein (obwohl er mindestens einen Meter groß war).

    • American Viewer schreibt:

      Wenn die Bären so nah an die Orte herangehen und nachts sogar in die Orte gehen, haben sie offenbar schon einen erheblichen Teil ihrer Menschenscheu verloren, Das ist schon mal schlecht, das kann früher oder später zu Problemen führen – einschließlich Umsiedlung oder Abschuss.

      Wenn es ein amerikanischer Braunbär gewesen wäre, würde ich auf jeden Fall sagen, dass es ein ganz junges Tier ist. Beim europäischen Braunbären bin ich mir nicht sicher, die können auch im Erwachsenenalter noch relativ klein wirken. Jedenfalls glaube ich auch, dass er dich nicht verfolgt hätte. Er hat ja genug zu fressen. Bären sind ziemlich faul. Müll durchsuchen finden sie viel bequemer, als eine Beute zu jagen, die wegrennt. Zumal er gar nicht weiß, ob die Beute dann auch schmecken würde. 😉

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