Vor kurzem, als ich in der Nähe von Kremnica beim Wandern war, habe ich mich ein bisschen über dieses vor Braunbären warnende Schild lustig gemacht. Quickfidel und lebensfroh ging ich in den hinter dem Schild liegenden Wald, qualmte eine Bärenanlockungszigarre und legte nur deshalb kein die Kuscheltierchen anziehendes Futter aus, weil ich sogar meine eigene Wegzehrung vergessen hatte.

Ich war enttäuscht, dass ich keinen Bären antraf.
Dabei war ich dem Tod – mal wieder – näher, als mir bewusst war.
Es fiel mir natürlich erst nachträglich auf, als ich in der Zeitung von einem Bärenangriff in der Slowakei las. Und dann recherchierte ich und musste erkennen: Hoppla, das war kein Einzelfall.
Unklar bleibt bei den meisten dieser Meldungen, ob die Bären die Menschen angegriffen haben, weil sie eine ausgepackte Stulle rochen. Oder ob sie die Menschen angriffen, weil diese eben kein Futter für sie mitgebracht haben. Das ist wieder so ein Beispiel für sinnlosen Sensationsjournalismus (also das diametrale Gegenteil dieses Qualitätsblogs), ohne jegliche klare Anweisungen, wie man jetzt in einen Bärenwald gehen soll.
In Kanada wird das klarer kommuniziert, siehe Kapitel 23 meiner Bärenjagdgeschichte aus den Rocky Mountains. Aber da packt man ja sowieso das Bärenspray ein, wenn man aus dem Haus geht. Wie bei uns ein Mücken- oder in Malibu ein Haifischspray.

Jetzt weiß ich auch, wieso der nationale Wanderweg durch die Slowakei „Weg der Helden“ heißt.
Ich würde übrigens jederzeit wieder in der Slowakei heldenhaft durch die Wälder streifen, denn es ist einfach traumhaft schön da. Und ich verbringe lieber ein paar wunderbare Wochen im Wald, und dann ist Schnapp-Schmatz-Schluss, als dass ich 30 Jahre lang im Büro von Universal Exports versauere und kein einziges Mal in den Karpaten war. „Ein Leben ohne Karpaten ist kacke“, wie Hemingway einst sagte und sich aus Frust über ein bärenloses Leben mit dem Bärentöter erlöste.
Persönlich habe ich bisher nur gute Erfahrungen mit Bären gemacht, die ich jedes Mal mit Alkohol und Poesie beruhigen konnte. Und als Tierpfleger habe ich sowieso einen besonderen Draht zu Tieren. So wie der heilige Franziskus.

Der Ausflug in der Slowakei war Teil der Reise zum Mittelpunkt Europas, und wenn man sich die Karte ansieht, dann lauert da hoffentlich noch der eine oder andere Bär.
Estland ist stolz auf die dichteste Bärenpopulation in Europa. Im Białowieża-Nationalpark in Polen sind bereits Bären aufgetaucht. Litauen liegt ebenfalls auf der baltischen Bärenroute. Sogar in Ungarn, nicht gerade mit dichten Wäldern gesegnet, gibt es Bären. Belarus warnt auf seinen Briefmarken und aktiviert die Luftwaffe.

Von einem atomar verstrahlten Braunbären in Belarus gefressen zu werden, während ich mich vor dem dortigen KGB im Wald verstecke, das wäre allerdings selbst für Hemingway zu dick aufgetragen.
Das dunkle in der bärenfütternden Flasche ist Kaffee/Cola? Oder doch dunkle Milch?
Das war in Abchasien, also war es ziemlich sicher Wein.
Boah. Bären ist offensichtlich vor nichts fies.
Was, um alles in der Welt, ist eine Bärenanlockungszigarre??
Schön, dass du uns erhalten geblieben bist, denn es scheint fast, als hätten sich die Bären zusammengerottet, um geschlossen und gemeingefährlich gegen die menschliche Spezies vorzugehen. Was bin ich froh, dass das tödlichste bei uns in der Gegend eventuell Ameisen sind…
Das ist eine ganz gewöhnliche Zigarre, die situativ ihre Wirkung entfaltet, indem man sich auf eine Lichtung setzt, ganz ruhig ist, und raucht. Das alles in der Hoffnung, dass der Bär mit seiner sprichwörtlich feinen Nase es riecht, neugierig wird, und vorbeischaut.
Aber vielleicht sollte ich das nächste Mal einen von den Toscanelli mit Geschmack probieren, vielleicht Rubino (Apfel-Zimt) oder Castano (Haselnüsse). Da dürfte kein Bär widerstehen können!
Aber eigentlich finde ich es schon gut, dass all diese Tiere wie Bären, Wölfe, Füchse und Luchse sich wieder ein bisschen Lebensraum zurückerobern.
Kürzlich, in Berlin-Müggelheim, saß ich nachts im Garten (wieder mit einer Zigarre), und ein Fuchs kam vorbei. Ich schrie ihn an, weil die beiden Katzen auch im Garten waren, und ich um ihr Leben fürchtete.
Den Fuchs hat das null gejuckt, er ist ganz gemächlich weiter spaziert.
Die Eigentümer der Katzen haben mir danach erzählt, dass eher die Katzen den Fuchs angreifen als umgekehrt.
Ich finde das schön, wenn wir alle so im Einklang leben könnten. (Heute Abend esse ich mal kein Fleisch mehr…)
Dem Einklang stehen Interessenskonflikte entgegen wie Wölfe, die Nutztiere reißen, Nutztierbesitzer, die „Nieder mit dem Wolf“ rufen und so weiter… Ein Leben mit seinen natürlichen Feinden bedeutete schon immer einen Verdrängungskampf und einen Kampf um Territorien, Nahrungsquellen… Wir Menschen sind eben die mit Intelligenz gesegneten Wölfe (ich wollte ursprünglich mit „Verstand“ schreiben, aber oft zweifle ich am Verstand des Menschen. Intelligenz – ja, aber Verstand? Ein einzelner Mensch mag vernünftig sein, als Herde sind wir scheinbar willenlos unseren Instinkten unterlegen. Wie solchen, alles um uns herum zu vernichten, das uns faktisch oder imaginär bedrohen könnte. Puh, das ist ein langer Kommentar geworden. Und jetzt ran an die Frühstückswurst 😉 )
Und der Verdrängungskampf für dann sogar noch zu mehr zoonotischen Krankheiten. Weil die Menschen die Affen und Elefanten nicht in Ruhe lassen können.
Die Wolfsdiskussionen in Deutschland finde ich meist voll überzogen. Wie wenn ganze Wolfsrudel Kindergärten überfallen und kleine Rotkäppchen abschleppen.
Diese Grimm-Brüder mit ihren Märchen liegen anscheinend vielen noch immer im Magen. (Wobei die Hollywood-Verfilmungen noch grausamer sind als die Bücher. Auch wenn Gemma Arterton als Gretel natürlich süß ist. Ich finde es immer noch schade, dass sie in „Quantum of Solace“ gestorben ist.)
Wo war ich? Ach ja, bei den Wölfen.
Ich finde es immer absurd, wenn die Angst vor dem Wolf geschützt wird, weil er Schafe tötet. Und wenn man den Schäfer dann fragt, was er mit den Schafen vorhat, sagt er eiskalt: „Die werden geschlachtet.“
Also geht’s ja meist nur ums Eigentum bzw. um die Knickrigkeit der Schäfer, keinen Schäferassistenten für die Nachtwache bezahlen zu wollen. Das wurmt mich besonders, weil es genau der Job ist, den ich gerne machen würde. Einfach die ganze Nacht um die Herde wandern, die Schafe beruhigen, Zigarre rauchen, und notfalls in die Luft schießen, wenn sich ein Wolf nähert. Vielleicht kommt man dazwischen sogar ein bisschen zum Lesen.
Ja, hast du deine Dienste denn schon mal aktiv angeboten? Vielleicht haben die Schäfer Bedarf, wissen es nur selbst nicht…
Immer wenn ich vorbei gehe, hetzen sie ihren Hund auf mich. 😦
(Ich persönlich finde Hunde ja eh viel gefährlicher als Bären und Wölfe.)
Aber du hast Recht, ich sollte nicht immer nur meckern und mosern, sondern mich selbst bewerben.
(Das ist ja schlimmer als beim Arbeitsamt hier. Ständig dieser Druck!)
Ja, Herr Moser, zeigen sie ein Bisschen Eigeninitiative 😉
Hetzen sie wirklich deinen Hund auf dich? Oder wollen sie nur sehen, ob du und der Schäferhund ein gutes Team abgeben würdet? 🙂 🙂
Ehrlich gesagt, sind die richtigen Schäferhunde eigentlich ganz wohlerzogen. Und der Schäfer hat die auch super unter Kontrolle. Zumindest in Deutschland.
Hier droht die Gefahr von Frauen, die ihre Hunde frei laufen lassen, während sie am Handy sind.
Da habe ich schon Steine auf Hunde werfen müssen, was dann immer wüste Drohungen einbringt. (Natürlich ohne das Handytelefonat zu beenden.)
Und die Schäferhunde in Rumänien waren zum Teil krass, vor allem wenn der Schäfer nicht dabei war. (Weil er sich gerade um eine andere Herde kümmerte oder wegen Fachkräftemangel nach Deutschland abgeworben wurde.)
Diese Hunde drehen schon durch, wenn man sich der Herde auf 2 km nähert. Und es sind immer mehrere Hunde. Da musste ich schon manchmal riesige Umwege von mehreren Stunden gehen.
Und ein paar Mal ist es mir in Rumänien auch passiert, dass der Schäfer zwar dabei war, aber nichts getan hat. Vielleicht erkennen die auch gleich, dass ich Ausländer bin, und denken sich: „Ach, schon wieder so ein blöder EU-Inspektor, der mir was über artgerechte Haltung von Schafen erklären will.“
Ja manchmal ist es gut, Mädchen zu sein… zu mir sagen die Leute immer sowas wie: „Hab keine Angst, komm, ich halte ihn fest…“ Während von Männern erwartet wird, dass sie der Schäferhundhorde allein mit ihrem entschlossenen Blick Einhalt gebieten…
Ameisen werden in Bolivien sogar zur Folter eingesetzt: https://andreas-moser.blog/2017/04/26/lynchjustiz/ , sind also wirklich nicht ganz ungefährlich.
Ein Witwer beschreibt die tragischen Folgen einer Bärenbegegnung in den Karpaten: https://buchpost.wordpress.com/2014/08/22/john-w-evans-young-widower-2014/
Oje, dann passiert das also wirklich so oft! :O
Danke für deine Rezension, denn für mich selbst sind so Todestrauerbücher nichts. Mir ist das einerseits zu persönlich-intim, andererseits habe ich immer den Eindruck, da nimmt sich jemand zu wichtig. Schließlich sterben jeden Tag Menschen (wenn auch nicht durch Bären).
Aber dass sich der Typ darüber aufregt, dass er in der Herberge in Rumänien keine Knarre bekommt, das ist schon absurd.
In Rumänien hat kaum jemand Angst vor Bären, und niemand läuft mit Waffen durch die Gegend.
Allein schon die Kommentare sind ja hier lesenswert 🙂 Mir hat dieses spezielle Buch von Evans auch nicht gefallen. Allerdings kann ich den „Todestrauerbüchern“ durchaus etwas abgewinnen, wenn sie sich in irgendeiner Weise von der Betroffenheitslektüre unterscheiden, die nur dem Schreibenden selbst vielleicht therapeutisch heilsam ist.
Ich denke da zum Beispiel an das Buch „To travel hopefully“ von Christopher Rush, das so zeigt, wie individuell – manchmal auch witzig – so ein Weg des Trauerns sein kann, selbst wenn das bedeutet, mit einem bockigen Esel durch die Lande zu ziehen, obwohl man vorher ein ausgemachter Reiseverachter war.
Ohne Kommentare würde ich auch schon lange nicht mehr bloggen. Und oft entwickeln sich da ganz neue Diskussionen. Oder ich kann all das nachholen, was ich im ursprünglichen Artikel vergessen hatte.
Ich würde bei dir mehr kommentiere, aber die Kommentarfunktion scheint immer ein paar Wochen nach der Veröffentlichung zu schließen.
Das finde ich schade. 😦
Hi, ja, das stimmt, ich habe vor längerer Zeit die Kommentarfunktion zeitlich begrenzt, und zwar als ich sehr verspätet entdeckt habe, dass irgendein Spam-Programm von mir unbemerkt ältere Artikel, die man nicht immer so im Blick hat, mit Schund dermaßen zugeschüttet hat, dass ich schon dachte, ich müsste den ganzen Blog stilllegen. Zumindest ist seitdem Ruhe im Karton.
Hallo Herr Moser,
vielen Dank schon mal für die Postkarte aus Oberitalien, die ich nach einem Wien-Urlaub heute vorgefunden habe. Die Gegend um den Reschenpass und den Turm im Wasser kenne ich recht gut, da wir dort, etwas weiter unten im Vinschgau, bei Naturns öfter mit den (damals noch kleinen) Kindern Urlaub gemacht haben. Auch das erste Schloss von Reinhold Messner, Juval, gehört dazu. Gegen Ende der 1980iger Jahre konnten wir dort vorher schon (noch ohne Kinder) die Wieder-Ansiedlung der Bartgeier beobachten, allerdings aus recht großer Entfernung.
Es gibt ein interessantes Buch über das versunkene Dorf Graun, dass Sie bestimmt kennen, von Marco Bolzano „Ich bleibe hier“, dass ich 2020 oder 2021 gelesen habe. Ein krasses Soziogramm (trifft es natürlich nicht im eigentlichen Sinne) von vielen stoischen und vor allem gläubigen Menschen, die denken „Der Herr wird es schon richten“ …
Dennoch habe ich diese Region in guter Erinnerung. Ich wünsche Ihnen weiterhin eine gute Zeit.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe J. Zimmer
Uwe J. Zimmer
Steuerberater
Kirchstr. 6
36039 Fulda
Fon: 0661 – 380 894 – 0
E-mail: info@stb-suz.de
Oh ja, das Buch kenne ich.
Ich habe es damals vor Ort gelesen und, weil ich so beeindruckt war, sogar auf meinem Blog empfohlen: https://andreas-moser.blog/2021/07/19/ich-bleibe-hier/
Ich werde auf das Thema der Italianisierung Südtirols hoffentlich im Laufe des Jahres in meiner Geschichtsreihe „Vor hundert Jahren …“ zurückkommen.
Durch Naturns bin ich leider nur mit dem Zug durchgefahren, auf dem Weg von Meran nach Mals, beides wunderschöne Orte, über die noch ausführliche Artikel ausstehen.
Meine Eltern waren mit mir als Kind auch einmal in Südtirol (meist sind sie aber lieber allein gefahren), und wir sind auf den Schlern gestiegen.
Mir war damals gar nicht bewusst, wie hoch der Berg war, und dass ich erst 30 Jahre später in Bolivien wieder diese Höhe erreichen sollte.
Von der Seiser Alm oder Völs? Ich fand „weniger Höhenmeter rauf als runter“ ja bestechend. Das unser damaliger Pensionswirt der Feuerwehrhauptmann war, ging mir damals so komplett am Allerwertesten vorbei, ich verstehe es heute überhaupt nicht.
Oh, ich habe keine Ahnung mehr, von wo wir losgegangen sind. Ich war da vielleicht 10 oder 12 oder so.