Schwejk und Spodium

Dieser Blog ist bekanntlich stolz darauf, Zusammenhänge zu sehen, wo andere keine erkennen. So wie zwischen Katzen, dem Bermuda-Dreieck und dem Vertrag von Rapallo. Oder zwischen den azorischen Joachimiten und der Abdankung von Papst Benedikt XVI. Oder zwischen rumänischen Erdölfeldern und dem Abtreibungsverbot. Notfalls, aber wirklich nur im äußersten Notfall, kann der These, dass alles mit allem zusammenhängt, mit etwas Kreativität nachgeholfen werden.

Umso überraschter bin ich, wenn ich auf einen tatsächlich existierenden Zusammenhang stoße, den zu knüpfen ich in meinen kühnsten Konnexträumen nicht gewagt hätte.

Noch verblüffter bin ich, wenn diese schicksalshafte Verbindung zwischen zwei bereits von mir verwursteten – und die Leserschaft wird sogleich bemerken, dass dieses Adjektiv hier durchaus passt – Themen besteht, ja in diesem ganz besonderen Fall sogar zwischen zwei meiner fast zeitgleich erschienenen Artikel, ohne dass ich damals auch nur annähernd geahnt hätte, dass tief in den hochgelobten, vielgepriesenen und Euch ans Herz gelegten Abenteuern des braven Soldaten Schwejk die Bestätigung der Knochen-Zucker-Theorie von Waterloo steckt.

Die Erkenntnis, die jetzt als neu und bahnbrechend und schockierend daherkommt, nämlich, dass die Knochen der Soldaten zu Zucker verarbeitet werden, ließ Jaroslav Hašek seinen Soldaten schon vor genau hundert Jahren sagen:

»Zudem sind wir Soldaten«, sagte Schwejk nachlässig, »dazu ham uns unsere Mütter geboren, damit man uns auf Nudeln zerhackt, bis man uns die Montur anzieht. Und wir machens gern, weil wir wissen, dass unsere Knochen nicht umsonst faulen wern. Wir wern für Seine Majestät den Kaiser und sein Haus falln, für das wir die Herzegowina erobert ham. Aus unsern Knochen wird man Spodium für die Zuckerfabriken erzeugen, das hat uns schon vor Jahren der Herr Lajtnant Zimmer erklärt. ›Ihr Schweinebande‹, hat er gesagt, ›ihr ungebildeten Säue, ihr nutzlosen, indolenten Affen, ihr verwechselt euch die Haxen, wie wenn sie keinen Wert hätten. Wenn ihr mal im Krieg fallen werdet, so macht man aus jedem Knochen von euch ½ kg Spodium, aus jedem Mann über 2 kg, Beine und Pratzen zusammengenommen, und in der Zuckerfabrik wird man Zucker durch euch filtrieren, ihr Idioten. Ihr wisst gar nicht, wie ihr euren Nachkommen noch nachn Tod nützlich sein werdet. Eure Buben wern Kaffee trinken, was mit Zucker gesüßt sein wird, was durch eure Gebeine gegangen is.‹ Einmal bin ich nachdenklich geworn, und er auf mich los, worüber ich nachdenk. ›Melde gehorsamst‹, sag ich, ›ich denk mir so, dass Spodium von den Herrn Offizieren viel teurer sein muss als aus gemeinen Soldaten.‹ Drauf hab ich drei Tage Einzel gekriegt.«

„Deshalb lieber ein Bier als so eine Zuckerbrühe!“

Über Andreas Moser

Travelling the world and writing about it. I have degrees in law and philosophy, but I'd much rather be a writer, a spy or a hobo.
Dieser Beitrag wurde unter Bücher, Geschichte, Militär abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

6 Antworten zu Schwejk und Spodium

  1. hanselmar schreibt:

    Auch bei der Bundeswehr waere die Bemerkung eines gemeinen Soldaten der kein Anrecht auf eine eigene Meinung hat, geahndet worden. Er haette wahrscheinlich drei Tage Einzelhaft wegen Wehrkraftzersetzung bekommen. Ob man es glauben will oder nicht es gibt immer noch Gemeinsamkeiten mit der guten alten Zeit des Soldaten Schwejk, der im Gengensatz zum grossten Feldherrn aller Zeiten nicht einmal Gefreiter geworden ist. Fur solche niedrigen Dienstgrade ist denken verboten.

    • hanselmar schreibt:

      Da es offiziell nicht mehr den Begriff „Wehrkraftzersetzung“ gibt waere wahrscheinlich Para 42 des WStG in Anwendung gebracht worden. Da wuerde der Leutnant Zimmer wahrscheinlich heute sagen:“Es waere doch gelacht wenn man keine Ordnung in diesen Haufen bringen koennte. Als Offizier sage ich Ihnen das Denken muessen Sie den Pferden ueberlassen die haben grossere Koepfe.“

    • Andreas Moser schreibt:

      Ich bedauere immer noch, dass ich mir den Spaß mit der Bundeswehr entgehen habe lassen.
      Andererseits, als 20-Jähriger wäre es wahrscheinlich gar kein Spaß gewesen. Die wissen schon, warum sie lieber junge, noch zu beeindruckende Menschen einziehen, anstatt erwachsene Menschen in der Mitte ihres Lebens.

  2. danysobeida schreibt:

    Azúcar y polvo de huesos? Es … me hadado vértigo de solo pensar, espero que sea una mala traducción de google. https://www.facebook.com/unitycompanyazerbaijan/posts/196249845053920/

  3. Pingback: Was hat die Völkerschlacht mit dem Leipziger Stollen zu tun? | Der reisende Reporter

Hier ist Platz für Kommentare, Fragen, Kritik:

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s