Mit dem Flugzeug zum Müggelsee

Der Artikel über die Flaschenpost im Müggelsee, von der ich nach nur wenigen Tagen kaum annehmen darf, dass sie diesen schon verlassen hat, enthält zwei Fotos, die die etwas jüngeren Menschen unter der Leserschaft in Erstaunen versetzt haben. Viele wissen gar nicht, dass man den Lieblingssee aller Berlinerinnen und Berliner nicht nur mit dem Bus, zu Fuß, mit dem Fahrrad, auf einem Kanu, Ruder-, Paddel-, Tret- oder Hausboot und notfalls wohl auch mit dem Automobil erreichen kann, sondern dass man einst mit dem Flugzeug anreiste.

Auf dem ersten Foto erkennt man gut die Müggelberge, mit den jeweiligen Müggeltürmen. Das zweite Foto muss am Steg vor dem Ausflugslokal „Rübezahl“ an der Südseite des Sees aufgenommen worden sein, denn dort sieht es noch immer genauso aus.

Die Landung der Dornier Do-X auf dem Müggelsee am 24. Mai 1932 war der Schluss-, End- und Höhepunkt einer 18-monatigen Welttournee des seinerzeit größten Flugzeuges der Menschheitsgeschichte.

Früher sahen die Flugzeuge nicht nur besser aus, man hatte auch viel mehr Platz und Komfort. Und man durfte an Bord noch rauchen.

Ich in so alt, an letzteres kann ich mich noch aus eigener Erfahrung erinnern. Vielleicht muss man das für die Kinder hier mal erzählen: Damals wurde bei Flug-, aber auch bei Bahnreisen beim Ticketkauf gefragt, ob man lieber im Raucher- oder Nichtraucherbereich sitzen möchte. Im Flugzeug saßen die Raucher dann hinten, die Nichtraucher vorne. Manchmal gab es einen Vorhang zwischen den beiden Abschnitten, manchmal nicht.

Auf langen Flügen (nach Singapur oder so) war das aber egal, weil die gesamte Kabine voller Qualm und Gestank und Gift und Tod war.

Das war ziemlich eklig. Deshalb sind damals viel mehr Menschen getrampt. Da gerät man zwar auch oft an Raucher, aber man kann das Fenster öffnen. Oder einfach unterwegs aussteigen, wenn es einem zu viel wird.

Hier noch ein paar Fotos von der Do-X am Müggelsee:

Und, ein ganz besonderes Schmankerl, eine Filmaufnahme von jenem freudigen Tag im Mai 1932:

Das Flugschiff wurde wirtschaftlich kein Erfolg, obwohl es so großzügig aus dem geheimen Rüstungsfonds der Weimarer Republik finanziert wurde, über dessen Machenschaften meine Leser bereits umfassend informiert sind. Von der Dornier Do-X wurden nur drei Stück gebaut, die bald alle im Museum beziehungsweise bei Altmetallhändlern landeten.

Und deshalb muss man jetzt wieder mit dem Bus zum Müggelsee fahren. Mit der Nr. 169 von Köpenick bis zur Haltestelle „Rübezahl“. Von dort spaziert Ihr schnurstracks nach Norden zum Müggelsee oder nach Süden zum Teufelssee. Seen und Wasser allenthalben und überall, fast wie in Finnland.

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Über Andreas Moser

Travelling the world and writing about it. I have degrees in law and philosophy, but I'd much rather be a writer, a spy or a hobo.
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6 Antworten zu Mit dem Flugzeug zum Müggelsee

  1. festus schreibt:

    Keine Sicherheitsgurte (Wie auch, wenn die Bugholzstühle lose im Raum verteilt sind)! Zumindest hat Bugholz in der Regel eine etwas höhere Bruchfestigkeit als unbehandeltes Holz. Mit Schuhen auf weißer Bettwäsche finde ich auch eher suboptimal.

  2. Andreas Moser schreibt:

    Die Geschichtsfreaks wird es erfreuen und erstaunen, dass der Müggelsee, sogar erneut das Ausflugslokal „Rübezahl“ auch 1953 Ausgangspunkt der Weltgeschichte war:

  3. viewinghood schreibt:

    Die DO-X erinnert mich ein wenig an den Airbus A380. Vielleicht ist das der Gang alles „ganz Großen“…Die Ausnahme der Regel ist dann die 747… 😉

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