Weil ich gerade für zwei Monate in Berlin residiere, bekomme ich eine Menge Anrufe von Fans und Followern, von Freunden und Feinden, die in der Hauptstadt wohnen und mich nun persönlich kennenlernen wollen.
„Wo genau in Berlin bist du denn?“ fragen sie.
„In Müggelheim“, antworte ich.
Die meisten haben niemals davon gehört.
Dann blicken sie auf eine Landkarte oder was immer das elektrische Äquivalent einer Landkarte ist, das der modernde Mensch heutzutage verwendet, und sagen „oh, das ist aber weit“. Was für sich genommen keine sehr sinnvolle Aussage ist, denn „weit“ ist relativ, und Müggelheim ist z.B. näher als Samarkand oder Saigon. (Obwohl ich zugeben muss, dass man die beiden letzteren Orte immerhin mit dem Zug erreichen kann, wohingegen man nach Müggelheim ab Köpenick in den Bus Nr. 169 umsteigen muss.)
Jedenfalls sind die Anrufer dann plötzlich sehr beschäftigt, verlieren das Interesse oder haben einen dringenden medizinischen Notfall in der Familie.
Das stört mich eigentlich nicht, denn so habe ich mehr Ruhe und Zeit, um diesen Teil von Berlin zu genießen, in den die meisten Berliner noch nie einen Fuß gesetzt haben. Und was für ein Genuss es ist! Ein Naturschutzgebiet mit Kiefern- und Birkenwäldern, alles dabei von tiefen Seen bis zu den höchsten Hügeln, durchzogen von Kanälen, und alles so friedlich, dass man gar nicht glauben kann, in einer Stadt mit 3,6 Millionen Einwohnern zu sein.
Jedes Mal, wenn ich aus dem Haus trete (und der Wald beginnt gleich vor der Tür), fühle ich mich nach Schweden oder auf die Kurische Nehrung zurückversetzt.































Um die Ähnlichkeit mit der Ostsee zu vervollkommnen, gibt es hier sogar Wikinger, die zum Raubzug nach Rahnsdorf rudern.



Aber natürlich haben sie keine Chance gegen die Wasserschutzpolizei.



Auch der öffentliche Nahverkehr geschieht teilweise auf Fähren, wie in Stockholm.



Und das beste an allem?
Es gibt zwar eine Wasserschutz-, aber keine Modepolizei, so dass man sogar zur Arbeit mit Jogginghose erscheinen kann. (Ja, im Wald zu sitzen und Bücher zu lesen ist ernsthafte Arbeit.)

Viele Landbewohner erzählen mir, dass sie niemals in einer Großstadt wie Berlin leben könnten, mit all dem Lärm und Verkehr, mit der Gewalt und den Drogen. Keine Ahnung, was die für Vorstellungen haben. Jedenfalls keine realistischen.

Das einzig gefährliche hier ist der Haifisch im Müggelsee.
Links:
- Mehr Berichte aus Berlin.
- Mehr Wälder und Wanderungen.
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Uih, gibt sogar Biber…
Oh ja, eine ganze Menge sogar.
(Oder einen sehr fleißigen.)
Man nennt deinen neuen „Arbeitsplatz“ auch Naherholungsgebiet. Du Glücklicher!
Ja, diesmal hatte ich wirklich ein Riesenglück!
Und ich hatte nicht einmal etwas davon geahnt, weil das Vorstellungsgespräch an einem dunklen Dezemberabend stattfand, so dass ich von der Umgebung und der Natur gar nichts sah. Ich sagte nur aufgrund der netten Gastgeber und der sympathischen Katzen zu.
Dafür haben sich meine Pläne dann vollkommen geändert. Anfangs dachte ich bei 2 Monaten Berlin natürlich an Museen und Ausstellungen und Veranstaltungen und viel Kultur. Aber jetzt hänge ich einfach im Wald herum.
Oh, ich werde dich nicht besuchen, keine Sorge. Berlin ist doch ein Stück weit von Mannheim entfernt. Eine schöne Gegend, in der du gerade residierst. Und falls ich mal wieder auf dem Weg in die Heimat dort vorbei kommen sollte, so weiß ich jetzt zumindest, wo sich eine der schönsten Ecken befindet 😉
In Mannheim zu wohnen, muss aber auch praktisch sein: Egal, wo man hinfährt, es wird immer schöner als zuhause. 😉
Pfft…
Das sagen nur Leute, die noch nie in den Genuss gekommen sind, in dieser wunderherrlichen Stadt zu wohnen 😉
Ob ich nun schon Fan, „nur“ Follower oder gar eine zukünftige Freundin bin, wird sich rausstellen (Feindin definitiv nicht!).
Jedenfalls hab ich dir gestern ’ne sms geschickt, weil das mit mir & Berlin tatsächlich Mitte März klappt. Aber falls du so modernste Kommunikationstechniken wie sms boykottierst, kann ich auch anrufen 😁.
SMS geht gerade noch.
Die lasse ich transkribieren und in der Postmappe vorlegen.
Aber das ist ja super, dass du dann (wieder) in Köpenick bist!
😂
Hatte schon überlegt, ob ich ’ne Woche vorher von Leipzig aus ’ne Postkarte schicken soll oder dann von Schöneiche aus Rauchzeichen…
Hättest Du mal vorher Bilder gezeigt 😉
Aber du hast doch gesagt, du bist ein Großstadtmensch. 😉
Obwohl, immerhin hat man hier regelmäßig tieffliegende Flugzeuge, weil eine der Anflugschneisen des BER darüberführt.
Also praktisch wie bei dir zuhause.
Ein sehr schöner Beitrag & Fotostrecke. Wurde sogleich geteilt.
VG der Treptow-Köpenicker
Vielen herzlichen Dank dafür!
Danke für dein netten Bericht über das idyllische (wenn nicht die Flugzeuge wären ) Müggelheim und seine Umgebung.
In dem hübschen, mit Efeu bewachsenen Haus wohnt übrigens Müggelheimer Prominenz.
Grüße Jalin
Oh, das wusste ich nicht.
Hoffentlich nicht die Art von Prominenz, die jegliche Aufmerksamkeit scheut und mich verklagen oder im Moor der Krummen Laake verschwinden lassen wird?
Als (defakto)gebürtige Köpenickerin (vor allem Friedrichshagen) die mit den Sprüchen der Restberliner- die du nun auch kennst- aufgewachsen ist, war ich bereits als Jugendliche auch in Müggelheim, wo ein Klassenkamerad wohnte und wir Sommerfest feierten. Stilecht ging es für mich und meine Eltern mit dem Fahrrad dorthin. Als Erwachsene war ich schon mehrfach in dem Veranstaltungsort Neu-Helgoland – zuletzt letzten Sommer weil mein Schwiegervater dort Geburtstag nachgefeiert hat. Ich bin übrigens nur 35 Autominuten entfernt und würde mich sehr freuen, wenn du die Katzen und das Haus auch mal für nen halben Tag verlassen darfst um in die märkische Schweiz und die Forschungsstadt Müncheberg zu kommen, wohin ich dich einlade. Wir sind hier im Nationalpark Märkische Schweiz, die letzte Eiszeit hat spannendes hinterlassen, fast so aufregend wie in Köpenick, Flora und Fauna sind bemerkenswert, für nen Köpenicker isses nicht heftig anders, es gibt ein Agrarforschungszentrum von Weltruf, eine Kirche aus dem 12. Jahrhundert (und intakte Stadttürme und Stadtmauer von den Zisterzensiern) deren Turm von keinem geringeren als Schinkel neu gebaut wurde und unser Entymologisches Institut ist das größte in ganz Deutschland. 60% der Einwohner meines Ortsteils kommen aus Berlin. Wir haben eine Eisenbahnstrecke, die bereits 1890 in Betrieb war… mit den Öffis kommt man auch hierher, da gibt es zwei Varianten aus Müggelheim. Es gibt also eine Menge zu sehen und zu erleben.
Hallo Elisa,
dieses Müncheberg sieht tatsächlich interessant aus!
Aber zu Fuß ist es halt doch ein ganzer Tagesmarsch, und dann wird es ja schon wieder dunkel.
Während dieses Housesittings, das sich leider schon wieder in Riesenschritten dem Ende zuneigt, wird das leider nichts mehr. 😦
Da muss ich extra mal vorbeikommen, wenn ich wieder eine Ostdeutschland-Reise mache! Das habe ich mir nach meinen spannenden Erfahrungen in der Lausitz im Herbst 2021 sowieso vorgenommen, öfter zu machen.
Ich finde es nämlich ziemlich praktisch, dass es hier für mich ein weitgehend unbekanntes Land zu entdecken gibt, ohne dass ich fliegen oder anderweitig weit reisen muss. (Im Alter wird man ja etwas bequem. 😉 )
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