Was isst man in Peru?

Meerschweinchen und Katzen. Ehrlich.

Als ich in Peru zum ersten Mal „guinea pig“ angepriesen sah, dachte ich noch, es wäre einer jener lustigen Übersetzungsfehler, die bei Speisekarten immer mal wieder passieren. Aber nein, liebe Kinder, das was Ihr zuhause streichelt und von dem Ihr nicht merkt, wenn es Eure Eltern durch ein neues ersetzt haben nachdem das alte verstorben ist, kommt hier auf den Teller.

Und zwar nicht in irgendeiner bereinigten oder beschönigenden Form, sondern mit Kopf und Klauen.

cuy_chactao
Meerschweinchen mit Kartoffeln.jpg

Wie Ihr an den Fotos seht, ist das keine Bergbauernmahlzeit für Notfälle. Es sind teure Restaurants, die diese Barbarei anbieten.

Wenn die Meerschweinchen ausgehen, schnappt sich der Koch eine Katze. „Warum nicht eine Kuh?“ fragt Ihr Euch, aber die braucht man in spanischsprachigen Ländern bekanntlich für Stierkämpfe.

Da Katzen eine größere Lobby haben, zerhackt man sie wenigstens bis zur Unkenntlichkeit und macht eine Art Gulasch daraus. Gegrillte Katze gibt es aber angeblich auch.

estofado de gato.jpg

Zugegeben, das mit den Katzen ist örtlich und zeitlich begrenzt. Jedes Jahr im September wird das „Festival Comegato“ in Cañete abgehalten. Natürlich, wie alles in Lateinamerika, zu Ehren irgendeiner heiligen Jungfrau.

Aber die Meerschweinchen gibt es immer und überall.

Jetzt aber mal etwas Positives: Rocoto relleno ist, wie ich dachte, gefüllter Paprika, der mit Käse überbacken wird und so ziemlich das schärfste ist, was ich je gegessen habe. Scharf, aber gut. Extrem gut. Das ist zwar auch mit Fleisch gefüllt, aber wenigstens erkennt man keine putzigen Füßchen oder unschuldigen Äuglein.

rocoto-relleno

Meine Annahme, dass es sich dabei um normale Paprika handelte, wurde durch die gleiche Größe, Farbe und Textur bestätigt. Die Schärfe müsse also von Gewürzen kommen, mutmaßte ich. So kaufte ich am Markt ein Kilo rocoto und bereitete daraus einen Salat zu, den ich reichlich mit Zwiebeln und Pfeffer schärfte. Nur Paprika wäre zwar gesund, aber fad.

Mein Mund explodierte! Das war wie Feuerschlucken. Zuerst dachte ich, dass die Zwiebeln verdammt scharf wären, aber es war der Paprika. Beziehungsweise das paprikaähnliche Gewächs, dessen deutscher Name treffenderweise Baumchili ist, den ich als Europäer natürlich nicht kannte. Bei der Recherche habe ich wieder etwas Neues gelernt. Ihr kennt den Streit darum, was schärfer ist, der unter subjektiven Empfindungen leidet? Die Rettung liegt in der Scoville-Skala, die die Schärfe von Paprikafrüchten mißt. Eine Peperoni liegt zwischen 100 und 500 Scoville-Punkten. Ein Jalapeño, für die meisten Menschen das Limit des Erträglichen, hat schon zwischen 2500 und 8000 Punkte. Und der rocoto, den ich lustig in meinen Salat schnippelte? Zwischen 30.000 und 100.000.

Wenn Ihr in Europa an so ein Gemüse kommt, probiert es mal. Oder, noch besser, bringt es jemandem als Geschenk für die Zubereitung von Salat mit. Das wird ein lustiger Abend! Und wenn peruanische Freunde zu Besuch kommen, versteckt besser das Meerschweinchen.

(To the English version.)

Über Andreas Moser

Travelling the world and writing about it. I have degrees in law and philosophy, but I'd much rather be a writer, a spy or a hobo.
Dieser Beitrag wurde unter Peru abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

19 Antworten zu Was isst man in Peru?

  1. … und warum ist der Verzehr von Meerschweinchen oder Katzen jetzt barbarisch, nicht aber beispielsweise der von Schweinen, Kühen, Hühnern oder Fischen?

    • Andreas Moser schreibt:

      Natürlich absolut richtig! Ein Leben ist ein Leben ist ein Leben.
      Mit „barbarisch“ meinte ich weniger das Töten an sich (obwohl jeder Schlachthof barbarisch ist), sondern dass es mit Kopf und allen Extremitäten serviert wird.

    • Ja gut, alles dran bräuchte ich jetzt auch nicht. Speziell mit (nach dem Garen wahrscheinlich verbrannten) Fell, wie Du einen Kommentar weiter andeutest, muss wirklich nicht sein.

      Mir fällt aber gerade auf, wie ich die knusprige Haut am Grillhuhn liebe, während sie andernorts in Europa (dann allerdings nicht gebraten) als Abfall gilt. Andere Länder, andere Sitten, andere Kamele, andere Höcker, wie damals dieser Straßenhändler in Tunesien sagte … 😉

      Btw, danke für den Baumchili-Tipp!

  2. Pingback: What do we eat in Peru? | The Happy Hermit

  3. Paul schreibt:

    Ha, ha, dann sind wir wohl auch Barbaren?
    Oder sieht Spanferkel am Grill besser aus?

    Über Essgewohnheiten in anderen Ländern sollte man sich nicht wertend auslassen. In deren Augen ist das, was wir essen, teilweise auch barbarisch.

    Kann es sein, dass aus Dir eine gewisse deutsche Überheblichkeit spricht, wegen der wir in anderen Ländern so beliebt sind? Ist die eigentlich angeboren oder erworben?

    • Andreas Moser schreibt:

      Ich fande und find Spanferkel auch widerlich und habe noch nie eins (oder Stücke davon) gegessen.

      Keinerlei Überheblickheit, erst recht keine deutsche. Es gibt etliche Peruaner, die die mit Haut und Haar servierten Meerschweinchen ebenfalls widerlich finden. Gegen das Katzenfoodfestival gibt es hier ständig Proteste.
      Ich habe halt Meinungen über fast alles was ich sehe, und kann mich damit doch nicht auf das eine Land beschränken, dessen Staatsbürgerschaft ich zufällig habe (in dem ich aber schon wesentlich länger nicht gelebt habe als in Peru). Mit der gleichen Logik dürfte ich dann nicht einmal positive Werturteile abgeben. Und wenn jeder nur über „sein“ Land (das ich nicht einmal als „meins“ ansehe) schreiben und urteilen darf, wäre das auch eine Benachteiligung von Menschen aus Kleinstaaten, in denen es halt nun einmal nicht so viel zu beurteilen gibt. Arme Andorraner.

      Und um das abschließend und unmißverständlich klarzustellen: Ich finde auch deutsche Schlachthöfe barbarisch, zumindest nach den an die Öffentichkeit gelangten Filmaufnahmen, die man sich ja nicht einmal mehr als eine Sekunde lang ansehen kann.

  4. der einsiedler schreibt:

    der verzehr von meerschweinchen, katzen oder hunden ist jedenfalls nachhaltige als unser fleischkonsum!
    ich esse keine tiere, weil ich in fleisch zerstörung und tod sehe. meine moral reicht über das private hinaus. erkennst du nicht die grossen zusammenhänge in der welt, um umweltzerstörung, klimawandel, massentierhaltung und auch gesundheit? fleischkonsumenten zerstören unsere zukunft!

  5. Pingback: fleisch ist fleisch und tier ist tier? | campogeno

  6. Pingback: Tagesnotizen 2 | Der reisende Reporter

  7. Pingback: Der Unterschied zwischen Peru und Bolivien | Der reisende Reporter

  8. Pingback: Warum ich nach Europa zurückkehre | Der reisende Reporter

  9. Pingback: Anthony Bourdain, 1956-2018 | Der reisende Reporter

  10. Anonymous schreibt:

    In teuren Restaurants ….😂 Das ist ein Gericht der armen in Peru aber ich weiß aber nicht was daran so schlimm sein soll nur weil etwas süß ausschaut darf man es nicht essen ?

    • Andreas Moser schreibt:

      Naja, man könnte ja zumindest den Kopf und die Beinchen entfernen. Aber es wird so auf dem Teller platziert, wie wenn es gerade erst mit einem Riesenhammer plattgeschlagen wurde.

  11. Pingback: Eine Postkarte aus Arequipa | Der reisende Reporter

  12. Ardbegger schreibt:

    Kleiner Tipp: Gebacken schmeckt es besser als frittiert ! 😉
    …und es reicht ziemlich genau für eine Person.

  13. Pingback: Auf schwimmenden Inseln im Titicaca-See | Der reisende Reporter

Hier ist Platz für Kommentare, Fragen, Kritik:

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s