Filmkritik: „Donbass“

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donbass

Die Wahrheit ist das erste Opfer des Krieges, könnte man den Film Donbass zusammenfassen, der mich mehr verwirrt als informiert hat. Allerdings in durchaus beeindruckender, teils verstörender, teils amüsanter Weise.

In 13 Episoden stellt Sergei Loznitsa das Leben in der umkämpften Ostukraine vor. Oder seine Vorstellung vom dortigen Leben. Oder die Vorstellung der Separatisten. Oder die Vorstellung, von der die Ukraine will, dass wir sie von den Separatisten haben. Oder noch komplizierter. Immer wieder geht es um falsche Verdächtigungen, doppeltes Spiel und dreiste Lügen.

Wenn man nicht schon etwas über den Krieg in der Ukraine gelesen hat, wird man anhand des Films kaum etwas verstehen. Was einem aber eindringlich bewusst wird, ist dass es in einem europäischen Land seit 2014 wieder Krieg gibt. Dass man den Rest Europas daran überhaupt erinnern muss, ist Teil des Problems.

Der Film ist nichts für zarte Gemüter, denn einige Episoden sind arg grausam, wie das Lynching oder das Massaker im Schminksalon. Andere hingegen sind komisch, wie der Checkpoint, an dem Soldaten hoffen, von den Omas etwas Speck abstauben zu können. Oder die verzweifelt an ihren Telefonen hängenden Männer im Gefängnis.

Was den Film trägt, sind die durchweg guten Schauspieler, von denen man nie weiß, ob sie überhaupt Schauspieler, Komparsen oder einfach sie selbst sind und die Kamera gar nicht bemerken.

Ich war zwar noch nicht in der Ukraine – ein Mangel, der demnächst behoben wird -, aber viele der Charaktere in Donbass sind mir so oder so ähnlich in meinen Jahren in Osteuropa begegnet. Einschließlich der Russen, die einen mit „Hitler kaputt“ begrüßen, sobald sie merken, dass man aus Deutschland ist:

Habt Ihr für meinen bevorstehenden Aufenthalt in der Ukraine noch weitere Film-Empfehlungen?

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Über Andreas Moser

Travelling the world and writing about it. I have degrees in law and philosophy, but I'd much rather be a writer, a spy or a hobo.
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14 Antworten zu Filmkritik: „Donbass“

  1. Ana Gertrud Cretoiu schreibt:

    bei uns in rumaenien haben wir als kinder immer wieder die formulierung ‚rau a fost cu der die das ,dar mai rau cu dawai shasy’gehoert…..

  2. Ana Gertrud Cretoiu schreibt:

    The Rock Films.SyarMediaEN

  3. Matthias Stumpf schreibt:

    Kein Film sondern eine ganze Reihe von aufeinander aufbauenden Reportagen. Echt sehenswert.

  4. Michael Müller schreibt:

    Sorry, hatte auch andere „Begrüßungen“ (2008) … Hacken zusammen schlagen und rechter Arm gen Himmel. Weil das was der Hitler mit den Juden gemacht hat, das müsste „hier“ (Krim) mal jemand mit den „Schwarzen“ (Krimtataren) machen.

    Erschreckend viele Nazis gibt es da, ganz offen!

  5. iris schreibt:

    Ich möchte diesen Film empfehlen: https://www.imdb.com/title/tt7186036 (Volcano von Roman Bondartschuk). Darin entfaltet sich eine kleine, absurde Welt in der Steppe, nicht so weit von der besetzten Krim. Ich wünsche einen schönen Aufenthalt in der Ukraine!

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