Gedenken mit Döner: Babi Jar

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Babi Jar, ein Name der vage Erinnerungen an den Geschichtsunterricht oder an TV-Dokumentationen wachruft. Irgendwas war da. Irgendwas Schlimmes.

Deshalb kurz zur Erinnerung, damit nicht jeder gleich zu Wikipedia eilen muss: Babi Jar war eine Schlucht bei Kiew, in der die deutschen Besatzer an zwei Tagen im September 1941 fast alle Juden und Roma aus der ukrainischen Hauptstadt erschossen. Der Holocaust fand nämlich nicht nur in Konzentrationslagern und Gaskammern statt. Etwa ein Drittel der Opfer wurde bei Massenerschießungen getötet. Diese gab es in ganz Osteuropa, aber Babi Jar trug den traurigen Rekord als Ort des größten Massakers.

Man erwartet von einem solchen Ort, dass er etwas abgeschieden liegt, wie der Wald von Paneriai bei Vilnius. Oder so wie Buchenwald einen Anstandsabstand von ein paar Kilometern zu Weimar hält, damit die (Noch-)Nichtermordeten ungestört von Schreien und Schüssen hoffen können, dass es sie schon nicht treffen wird.

Nach Babi Jar hingegen kommt man mit der U-Bahn. Zwei Stationen von der Stadtmitte. Zugegeben, die U-Bahn gab es 1941 noch nicht, und Kiew war nicht so groß wie jetzt. Babi Jar lag damals tatsächlich am Stadtrand, jenseits der Friedhöfe, aber so richtig weit weg und außer Sicht- oder Hörweite war es nicht. „Wir haben von nichts gewusst“ zieht auch hier nicht. Einer der Beobachter war ein 12-jähriger Junge, der in unmittelbarer Nachbarschaft wohnte und der sich Notizen in seinen Schreibblock machte. Die Erinnerungen ließen Anatoli Kusnezow nie mehr los, und 1966 veröffentlichte er den autobiographischen Roman Babij Jar – Die Schlucht des Leids.

Jetzt steigt man also bei der U-Bahn-Station Dorohoschytschi aus und findet sich in einem Wohngebiet. Verkehr tost über die breiten Straßen. Bäcker verkaufen Süßigkeiten. Menschen verstecken sich in Bushaltestellen vor dem Regen.

Die zweite Erwartung war eine Gedenkstätte. Mit vielen Besuchern, Touristen, Studenten, Schülergruppen. Ein Museum, mehrsprachig und multimedial, das alles über das Massaker berichtet und erklärt. Falls es das gibt, weist kein Schild darauf hin.

Stattdessen gibt es einen Park, einen ziemlich großen sogar. Ich bin hier im Winter, es regnet, schneit und gefriert. Aber an sonnigen Tagen wird hier wahrscheinlich gejoggt, gepicknickt, geflirtet und geküsst.

Das erste Denkmal, das für die erschossenen Kinder, ist schon ziemlich eindrücklich. Eine geschickte Idee des Künstlers, den Mord an Kindern nicht zu plastisch darzustellen, sondern durch die lebensgroße aber tot wirkende Kasperlpuppe zu symbolisieren.

Schnee (4)

Gleich neben dem Kinderdenkmal trainiert eine Hundeschule. „Sitz!“ und „Platz!“ hallen die Rufe, wie einstmals für die deutschen Polizeihunde. Hunde machen mir immer Angst, deshalb gehe ich lieber schnell weiter, die immer dunkler werdende Allee entlang.

Der Planwagen soll wohl ganz klischeemäßig die Roma symbolisieren, die in Babi Jar eine Woche vor den Kiewer Juden erschossen wurden. Diesen Völkermord, den Porajmos, konnten die Nazis ganz offen durchziehen, ohne dass sonst jemanden eine üble Vorahnung beschlich. „Es sind ja nur die Zigeuner“, dachten die Leute, und viele denken auch heute noch so.

Schnee (1)

Und dann finde ich zwar kein Museum, aber an einem der breiteren Wege sind immerhin ein paar Informationstafeln angebracht, die auf Ukrainisch und Englisch die wichtigsten Daten und Fakten erzählen. Es hat zu nieseln begonnen, aber ich weiß, Ihr wartet auf Informationen, also harre ich in der Kälte und Nässe aus.

So lerne ich nicht nur etwas über die deutsche Besatzung und das Massaker am 29. und 30. September 1941, bei dem innerhalb von 36 Stunden 33.771 Menschen erschossen wurden. Man weiß das so genau, weil exakt Buch geführt wurde. Der Satz von Oskar Lafontaine über Sekundärtugenden kommt mir in den Sinn. In den Jahren danach schluderten aber sogar die ordnungsverliebten Deutschen, und es ist unklar ob in Babi Jar insgesamt 65.000, 100.000 oder 150.000 Menschen umgebracht wurden.

Die Schlucht von Babi Jar wurde trotz iher Nähe zur ukrainischen Hauptstadt auch aus topographischen Gründen ausgewählt. Für die große Anzahl der Opfer hätten anderswo so rasch keine Massengräber ausgehoben werden können.

Babi Jar/

Die Aufnahmen des deutschen Militärfotografen Johannes Hähle zeigen nicht die eigentlichen Erschießungen, sondern die Einebnung des Geländes durch sowjetische Kriegsgefangene. Hähle lieferte diesen Film nicht bei seiner Einheit ab, und so haben wir fotografische Beweise, um es den Holocaustleugnern wenigstens ein bisschen schwerer zu machen.

Und eine Überlebende gab es: Dina Pronitschewa war Schauspielerin und ließ sich genau vor den Schüssen in die Grube fallen. Als die deutschen Soldaten durch die Reihen der Opfer auf dem Grund der Schlucht gingen, um die noch Lebenden zu erschießen, stellte sie sich tot. In der Nacht konnte sie aus der Grube klettern und entkommen.

So ist ihr Zeugnis überliefert.

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Wenn man heute durch den Park spaziert, findet man nur an wenigen Stellen noch Reste der ehemals tiefen Einschnitte, die erahnen lassen, wie zerfurcht das Gelände früher aussah.

Babi Yar Schlucht

Die Wehrmacht sprengte nämlich nach dem Massaker die Ränder der Schlucht, um die Leichenberge zu begraben. Nach dem Weltkrieg wurde hier der Schutt der zerschossenen Häuser entsorgt und 1961 brach noch der Damm einer Abraumhalde, so dass der Rest der sandigen Täler mit einer Schlammlawine geflutet wurde. Wenn man die historische Karte über den aktuellen Stadtplan legt, bekommt man vielleicht einen Eindruck, wie sehr das Gebiet verändert wurde.

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Nicht nur aus Wissbegier nach mehr Informationen, sondern auch um etwas von der eisigen Kälte zu pausieren, irre ich durch den weitflächigen Park, um endlich das Museum zu finden.

Unter Bäumen, an versteckten Ecken oder an der vielbefahrenen Straße entdecke ich kleine Denkmale, wie dieses für die 3 Millionen ukrainischen Zwangsarbeiter, die nach Deutschland verschleppt wurden,

Babi Yar (5)

oder dieses für Tatjana Markus, eine Widerstandskämpferin, die Sabotageakte ausführte und sich mit deutschen Soldaten zu romantischen Treffen verabredete, um sie dann zu erschießen oder zu erstechen. Als Tatjana gefasst und in Babi Jar getötet wurde, war sie erst 21 Jahre alt. (Ich erwähne das, um junge Menschen zu ermutigen, auch mal andere als stromlinienförmige Karrierewege einzuschlagen.)

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Es wirkt so, wie wenn jede Opfergruppe irgendwann einen noch freien Platz gesucht hat, um ihre Stele aufzustellen. Irgendwo soll es sogar ein Denkmal für die ermordeten Fußballspieler von Dynamo Kiew geben, aber das finde ich nicht.

Dabei gab es zur Sowjetzeit ziemlich lange gar kein Denkmal. Stattdessen wurde auf dem Gebiet der Fernsehturm und eben neue Wohnviertel gebaut.

Über Babij Jar, da steht kein Denkmal.
Ein schroffer Hang – der eine unbehauene Grabstein.

schrieb 1961 der sowjetische Dichter Jewgeni Jewtuschenko und erinnerte damit nicht nur an die Massaker der Nazis, sondern forderte auch die Sowjetunion zum Gedenken an das weitgehend Verschwiegene auf. Dimitri Schostakowitsch vertonte das Gedicht als seine 13. Symphonie.

Aus der Zivilgesellschaft wurden immer wieder Gedenkmärsche organisiert, aber das offizielle Mahnmal wurde erst 1976 eingeweiht. Groß, wuchtig, sowjetisch steht es auf einer treppenförmig ansteigenden Rampe und ragt über die Senke, die wohl die einstige Schlucht symbolisieren soll.

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Um die Größe des Monuments zu verdeutlichen, haben sich dankenswerterweise zwei Jugendliche genau dort zum abendlichen Treffen verabredet. Wenn man in einem der Apartmentblöcke in der Nähe wohnt, ist das hier wohl ein ganz normaler Ort. Oder es sind Geschichtsstudenten, die vor Ort diskutieren wollen.

Babi Yar (3)
Babi Yar (4)

Gewidmet war das Mahnmal übrigens den „mehr als 100.000 Sowjetbürgern der Stadt Kiew und den kriegsgefangenen Soldaten und Offizieren der Roten Armee“. Dass die meisten der „Sowjetbürger“ Juden waren und genau deshalb ermordet wurden, blieb unerwähnt.

Aber 1991 wurde die Ukraine unabhängig und die Inschrift konnte geändert werden. Sie lautet jetzt: „In den Jahren 1941-1943 wurden an diesem Ort über 100.000 Kiewer Stadtbewohner und Kriegsgefangene von deutsch-faschistischen Eindringlingen erschossen.“ Ups, schon wieder die Juden vergessen. Und natürlich die ukrainischen Mittäter verschwiegen.

Tja, die Kollaboration. Ein heikles Thema in der Ukraine, dessen Erwähnung allein zu Protestnoten aus Kiew und noch mehr aus Kyiv oder Kyjiw führen wird. Aber ansprechen muss ich es, denn, etwas verschämt hinter dem Gebüsch versteckt, stoße ich auf ein Holzkreuz für die von den Deutschen in Babi Jar erschossenen Mitglieder der OUN, der Organisation Ukrainischer Nationalisten.

Babi Yar OUN

Diese kämpften für die Unabhängigkeit der Ukraine und damit gegen die Sowjetunion. Wie so viele Volksgruppen in Osteuropa fanden sie daher den Angriff Nazi-Deutschlands auf die Sowjetunion ganz toll, meldeten sich in Bataillonsstärke zur Wehrmacht und in Divisionsstärke zur SS. Dass man dabei nicht nur gegen die Rote Armee kämpfte, sondern auch einen Völkermord an Juden und Roma beging, nahmen manche in Kauf, andere fanden das ganz gut, weil diese Volksgruppen in ihren Augen „sowieso keine echten Ukrainer“ waren, und wieder andere waren zwiespältig, weshalb sich die OUN auch bald wieder zwiespaltete und gegeneinander und gegen alle kämpfte. Also alles ein ziemliches Schlamassel oder Tohuwabohu, wie man auf Ukrainisch sagt.

Die meisten Historiker stufen die OUN als rassistisch, antisemitisch und/oder faschistisch ein. Und jetzt wird es besonders heikel: An den Massenerschießungen in Babi Jar im September 1941, bei der fast die gesamte jüdische Bevölkerung Kiews getötet wurde, nahmen auch Einheiten der OUN mit etwa 1200 Ukrainern als Mittäter teil. Von den Deutschen wurden die OUN-Mitglieder, für die das Holzkreuz steht, erst ab 1942 erschossen, als sie sich gegen die deutsche Besatzung wandten.

Als die überlebenden ukrainischen Juden sahen, wem hier jetzt gedacht wird, ging ihnen endgültig der Schtreimel hoch. Es war offensichtlich, dass sich niemand ihrer erinnern wollte, sondern sie im sowjetisch-russisch-ukrainischen Deutungsstreit gnadenlos zerrieben wurden. Und so bauten auch sie 1991 ihr eigenes Mahnmal.

Babi Yar menorah

Von hier führt ein mit jüdischen Grabsteinen gesäumter Weg zu einem Gebäude, das aus der Ferne Hoffnung darauf macht, das gesuchte Museum zu sein, diese Hoffnung jedoch mit jedem in seine Richtung unternommenen Schritt im fallenden Schnee leise ersterben läßt. Es ist das richtige Gebäude, aber noch nicht der richtige Zeitpunkt.

Babi Yar memorial center

Babi Jar, wie es sich heute präsentiert, hinterlässt den Besucher irgendwie ratlos. Zumindest wer nicht schon über die deutsche Besatzungs- und Vernichtungspolitik in Osteuropa sowie über die sowjetische Erinnerungspolitik Bescheid weiß, wird diesen Ort mit vielen Fragen verlassen. Jene alle aufzuklären würde diesen kurzen Artikel überfordern, und vielleicht vermittelt es auch ein besseres Bild vom Park in Babi Jar, wenn bei Euch ein paar Fragezeichen hängenbleiben. In ein paar Jahren, wenn Ihr selbst mal nach Kiew kommt oder mich wieder als Reporter dorthin schickt, wird die Gedenkstätte endlich fertig sein. Vielleicht.

Mein Spaziergang führt mich wieder zu dem bewegendsten Denkmal, dem für die Kinder. Passanten haben einen Schnuller, einen Kinderhandschuh und einen Stoffball abgelegt. Eine kleine Geste, aber durchdachter als immer Blumen und Kerzen und Steine.

Babi Yar Schnuller

Zurück bei der U-Bahn-Station Dorohoschytschi sehe ich ein Schild an der Dönerbude Big-Burger: „Volunteer Center for the period of the events of memory in the Babi Yar“. Immerhin ein Aufenthaltsraum für Freiwillige der Gedenkstättenarbeit, wenn auch in überraschender und etwas unpassender Behausung. Neugierig trete ich ein.

Babi Yar volunteer center (2)

Das „Freiwilligenzentrum“ besteht aus vier Metalltischen mit wackligen Stühlen. Ein Fernseher plärrt viel zu laut. Neben der Theke steht ein Schränkchen mit ein paar Büchern auf Hebräisch. Da wo in Dönerbuden sonst Fotos von Istanbul hängen, sind kleine schwarz-weiß-Fotografien zu sehen. Es sind die bekannten und beklemmenden Fotos im Zusammenhang mit den Massenerschießungen.

Babi Yar volunteer center (1)

„Guten Appetit!“ wünscht die freundliche Dame und reicht mir einen Dürüm-Döner.

Wenn man in Babi Jar fertig ist – mit dem Besuch und mit den Nerven -, fährt man mit der U-Bahn eine Station weiter, nach Syrez.

mtro station Syrets

Das ist der Name des ehemaligen Konzentrationslagers, an das hier fast gar nichts mehr erinnert. Das ganze Viertel wurde überbaut. Nur am Eingang zum Park mit der Kindereisenbahn erinnert ein kleines Denkmal: „Während der deutsch-faschistischen Besatzung wurden hinter den Gittern des Konzentrationslagers Syrez Zehntausende sowjetischer Patrioten ermordet.“ Niemand außer mir bleibt stehen.

Babi Yar memorial KZ Syrez

Es ist traurig, wie schnell alles vergessen wird. Dabei findet man, wenn man mit offenen Augen durch Europa geht, fast überall ehemalige Konzentrationslager, Arbeitslager, Ghettos, Orte von Erschießungen, Kriegsgefangenenlager, Tötungsanstalten, Gedenktafeln und Stolpersteine.

Ich gehe wieder zur U-Bahn-Station mit dem Namen, der auch mir bis gestern nichts sagte, und auf dem Rückweg lese ich mehr über das Massaker von Babi Jar.

Da absehbar war, dass die Exekution viele Stunden dauern würde, ließen die Organisatoren Küchenwagen bereitstellen, die warme Mahlzeiten und Getränke, einschließlich Schnaps, für 400 Mann boten.

Da kommt mir der Döner fast wieder hoch.

Links:

Mich würde interessieren, was Ihr vorher von Babi Jar wusstet. Obwohl ich eingangs den Schulunterricht erwähnt habe, bin ich mir nämlich fast sicher, damals gar nichts über den „Holocaust durch Kugeln“ gelernt zu haben. Aber zum Auffüllen dieser Wissenslücken gibt es ja diesen Blog. Falls Ihr daran Interesse habt, werde ich mich an meine Aufzeichnungen aus Auschwitz machen, das wird dann aber ein etwas längerer Artikel. Und natürlich bin ich immer dankbar um Unterstützung für diese Arbeit.

Über Andreas Moser

Travelling the world and writing about it. I have degrees in law and philosophy, but I'd much rather be a writer, a spy or a hobo.
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47 Antworten zu Gedenken mit Döner: Babi Jar

  1. Ein Like zu vergeben kommt mir nach der Lektüre besonders dumm vor… Danke für diesen interessanten, wenn auch sehr deprimierenden Bericht. Ich hatte von Babi Jar noch nichts gehört, jedenfalls nicht bewusst. Am schwersten erträglich ist dabei für mich das pervers Normale: die Planung von Gulaschkanone und Schnaps.

    • Andreas Moser schreibt:

      Ich hatte mal während eines Praktikums mit KZ-Akten zu tun, und so grausam Mord und Totschlag und Verhungern waren, nach einer Weile schlugen mir die Banalitäten der exakten Planung, der Buchführung und der Berichterstattung am stärksten aufs Gemüt.

      Darauf schiebe ich seither meine Abneigung gegen alles Bürokratische. 😉 Meine Organisationsvorbilder sind wohl eher die Partisanen.

  2. „oder dieses für Tatjana Markus, eine Widerstandskämpferin, die Sabotageakte ausführte und sich mit deutschen Soldaten zu romantischen Treffen verabredete, um sie dann zu erschießen oder zu erstechen. Als Tatjana gefasst und in Babi Jar getötet wurde, war sie erst 21 Jahre alt. (Ich erwähne das, um junge Menschen zu ermutigen, auch mal andere als stromlinienförmige Karrierewege einzuschlagen.)“

    Was soll das sein / werden ?

    Aufruf zum Mord ???

    • Andreas Moser schreibt:

      Aufruf, mal etwas anderes zu machen als nur Arbeit, Ausbildung oder Studium.

    • zum Beispiel:
      „Sabotageakte ausführen und sich mit deutschen Soldaten zu romantischen Treffen verabredete, um sie dann zu erschießen oder zu erstechen ?“

      Diese Mörderin wurde völlig ZU RECHT liquidiert !!!

      Das würde man übrigens heute noch ganz genauso machen …

    • Pumpot schreibt:

      Bitte nach welcher Rechtsprechung soll die Liquidierung eines sich ungesetzlich im Land aufhaltenden Angehörigen einer fremden Armee, die gerade alles verwüstet, als „Mord“ gewertet werden – außer nach der des Okkupanten vielleicht? Das waren kreative Abwehraktionen, sonst nichts.

    • Andreas Moser schreibt:

      Die völkerrechtliche Rolle von Partisanen war/ist tatsächlich nicht so geschützt wie die von offiziellen Kombattanten.
      Aber für die Aussage von Frank, dass man heute genauso verfahren würde, sehe ich keine Grundlage.

      Und gerade bei Wehrmacht und SS muss man sehen, dass „Partisanenbekämpfung“ oft nur ein Vorwand oder ein Euphemismus für Massaker an der Zivilbevölkerung war. Das ist auch zu berücksichtigen, wenn bestimmte Kreise das Vorgehen von Wehrmacht/SS basierend auf der damaligen Rechtslage zu rechtfertigen versuchen.

    • Dante schreibt:

      Die Aktionen von Frau Markus sind sozusagen eine Kriegslist. Für die Ostfront hatte Hitler die sonst üblichen Regeln des Krieges außer Kraft setzen lassen (einschließlich des Umgangs mit Nichtkombattanten), und damit hat er die Parole „es gibt keine Regeln in der Hölle“ ausgegeben und seine Soldaten jeder erdenklichen Form der Gegenwehr ausgesetzt.

      Dass man deutscherseits so reagiert hat, wie man es getan hat, war zu erwarten, aber die Deutschen haben damals ohnehin aus nahezu allem ein „todeswürdigen Verbrechen“ gemacht, namentlich aus dem Judesein, und da kann man nichts mehr an „Ritterlichkeit“ erwarten.

      „Übt keine Gnade, ihr werdet auch keine erfahren.“
      Aragorn, kurz vor der Schlacht von Helms Klamm

  3. Roman Mironov schreibt:

    Vielen Dank! Sehr interessant geschrieben. Die Geschichte ist nicht einfach.

  4. Klaus Gegg schreibt:

    Is ja gut… Irgendwann ist Schluss.

    • Andreas Moser schreibt:

      Das ist auf einem Blog, auf dem es um Geschichte geht, ein besonders absurder Kommentar.

    • Dante schreibt:

      Irgendwann ist Schluss.

      Nicht, solange es noch irgendjemanden gibt, der genau dies fordert, und nicht, solange der Ungeist, aus dem dieses Massaker begangen wurde, immer noch existiert.

    • Andreas Moser schreibt:

      Und als historisch interessierter Mensch finde ich überhaupt nicht, dass mit Geschichte irgendwann Schluss sein muss. Warum sollte gerade dieses Fach zeitlich/sachlich eingeschränkt werden?

      Es gibt ja auch noch Leute, die reden heutzutage über Dinosaurier oder gar über den Urknall.

  5. Andreas Obermeier schreibt:

    Gibt es für die Verbrechen der Alliierten, auch so viele Mahnmale???

    • Markus Fietz schreibt:

      Es steht dir frei, Mahmale aufzustellen. Für welche Verbrechen in entsprechender Größenordnung wie dem Holocaust sreibst du? Es steht außer Frage, dass es auch Kriegsverbrechen auf alliierter Seite gab. Aber die waren quantitativ und qualitativ geringer

    • Andreas Obermeier schreibt:

      Geringer oder mehr spielt da keine Rolle!!! Verbrechen ist Verbrechen!!!

      Wir sollen uns 2020 noch schämen und alles andere wird in den Schatten gestellt…

      Was die Amis, die größten Kriegstreiber, schon alles verbrochen haben…

    • Andreas Wichmann schreibt:

      Menschen wie Sie sind es, die rechte Populisten und Nazis wieder stark machen. Was im Deutschen Namen an Verbrechen geschehen ist, ist einmalig. Es geschah in Massen und industriell. Unser Unrecht mit dem anderer zu vergleichen, gehört sich nicht. Als Nachkriegsgeneration trifft uns keine Schuld, wohl aber die Verpflichtung des Erinnerns und dass es nie wieder geschieht. Egal, was andere Völker getan haben!

    • Ich werde mich 2050 noch Schämen.

      Wie war das Möglich. Deutsche soldaten als kindermörder und Leichenfleederer.

  6. Warum sollte ich mich für was schämen, was passiert ist als meine Großeltern Jugendliche waren, geht’s noch?
    Und selbst wenn sie erwachsen gewesen wären, wir sind das einzige Volk in der langen Geschichte der Menschheit das sich bis zur Selbstzerstörung moralisch im Dreck suhlt weil wir einen scheiß Krieg verloren haben.
    Wenn ich was empfinde zu dieser Zeit, dann ist es Ehrfurcht vor den überragenden Leistungen deutscher Soldaten aber mit Sicherheit keinen Scham oder Selbsthass!

    • Andreas Moser schreibt:

      Ich habe nicht gesagt, dass sich jemand schämen soll. Aber Ehrfurcht vor Massenmördern ist halt schon komisch. Eigentlich ist das Gerede von „wir“ schon komisch, weil du viel jünger aussiehst als Jahrgang Volkssturm.

    • Wir Deutschen aber für viele ist es ja schon abstoßend sich selber als Deutsch wahrzunehmen.
      Das ist absolut widernatürlich und beispiellos.

    • Andreas Moser schreibt:

      Zum Nationalstolz hat der deutsche National- und Vaterlandsphilosoph Schopenhauer schon das Wichtigste gesagt:
      https://andreas-moser.blog/2017/12/01/nationalstolz/

    • Pumpot schreibt:

      Wer sagt, dass Sie persönlich sich schämen sollen? Niemand hier, soweit ich sehe. Aber Ihre Ehrfurcht können Sie sich sonstwo hinschieben.

    • Andreas Moser schreibt:

      Ich finde das auch sehr entlarvend, wie reflexhaft „ich will mich nicht schämen für etwas, das vor meiner Zeit passiert ist“ folgt, selbst wenn das niemand verlangt hat.
      Sogleich werden dann aber Gefühle wie Ehrfurcht oder Stolz oder Bewunderung verwendet, wobei der Zeitablauf dabei keine Rolle spielt. (Ganz im Gegentum, die Gefühle des Stolzes können sich auch noch auf Jahrhunderte Zurückliegendes gründen.)

      Das ist so unlogisch, dass es weh tut.
      Und so durchschaubar selektiv, dass es niemand ernst nehmen kann. Umso trauriger, wie ernst und wichtig genau diese Auffassung von „Geschichte“ vielen Menschen ist.

    • Dante schreibt:

      Wenn ich was empfinde zu dieser Zeit, dann ist es Ehrfurcht vor den überragenden Leistungen deutscher Soldaten…

      Das war teilweise zwar erstaunlich, aber das Wort „Ehrfurcht“ würde ich für militärische Leistungen nur dann verwenden, wenn sie auch menschlich für etwas gut sind.
      Des Führers Herrlichkeit, die Dezivilisierung und Versklavung ganzer Völker und ein Genozid gehören definitiv nicht dazu. Und das war nun einmal die Agenda des Nationalsozialismus.

      …aber mit Sicherheit keinen Scham oder Selbsthass!

      Es ist etwas ärmlich, in der Ablehnung nationalistischer Selbstüberhöhung auf Kosten Anderer und der Erinnerung daran, was daraus erwächst, „Selbsthass“ zu sehen, und für eine Nation zeugt so etwas nicht unbedingt von Reife.
      Abgesehen davon ist diese Haltung inkonsistent. Entweder hat man mit der Vergangenheit nichts zu tun, oder es gehört alles zum eigenen nationalen Erbe.
      Man kann ein Erbe annehmen oder ausschlagen, aber nicht sagen: „Das Haus nehm‘ ich gern, aber mit der Hypothek bleibt mir weg.“

    • Andreas Moser schreibt:

      Genau das ärgert mich auch immer so an den Einstellungen, die aus manchen der Kommentare hier sprechen: Nicht nur die unterschiedliche historische/politische/menschliche Bewertung, sondern das höchst selektive Vorgehen mit bewusstem Ausblenden von allem, was man nicht hören oder wissen will. Auf dieser Grundlage kann man einfach nicht über Geschichte diskutieren.

  7. Julian Nyča schreibt:

    Vielen Dank für den Text. Mir war Babij Jar zwar ein Begriff (nicht aus dem Schulunterricht, das stimmt), aber der Einblick in die dazugehörige Gedenkkultur vor Ort trotzdem sehr interessant!

    • Andreas Moser schreibt:

      Danke!
      Ich finde die Gedenkkultur vor Ort bzw im Wandel der Zeit oft richtig spannend, vor allem in Osteuropa. In der Ukraine kommt noch dazu, dass das Gedenken an den Holodomor über allem steht.

  8. Daniela Schmidt schreibt:

    Danke!! fűr diese eindrucksvolle aber sehr, sehr traurige Geschichte!! 😢🥀

  9. Klaus Gegg schreibt:

    Zum Kuckuck mit unseren Nestbeschmutzern.
    Der größte Lump im ganzen Land ist und bleibt der Denunziant!

    • Dante schreibt:

      „Das Nest beschmutzt“ haben eindeutig die Nationalsozialisten.

      Der größte Lump im ganzen Land ist und bleibt der Denunziant!

      Den Satz kann man nur dann unterschreiben, wenn es um Verrat an Verfolgen oder Dissidenten geht. Wenn der „Denunziant“ ein echtes Verbrechen anzeigt, ist der Satz ein Hoch auf die „Ganovenehre“, den sich auch die Täter vom Münster und Bergisch Gladbach zweifellos auf die Fahnen schreiben würden…

  10. Monika Kirschner schreibt:

    Vielen Dank für diesen bemerkenswerten Beitrag.

  11. rano64 schreibt:

    Allerdings ist mir der Name ein Begriff und ich wundere mich, wie sich hier einige aufregen über die sachliche Darstellung eines schweren Kriegsverbrechens.

    @Andreas: Sagt dir der Name Kefalonia etwas?

    • Andreas Moser schreibt:

      Ja, über viele der Kommentare hier wundere ich mich auch. Das ist wohl die Schlussstrich-Fraktion, die noch mehr aus der Haut fahren wird, wenn sie zum 8. Mai demnächst meinen Artikel zu jener Debatte lesen wird.

      Kefalonia war mir ganz dunkel ein Begriff, aber wenn ich nicht bei Wikipedia nachgelesen hätte, so wäre mir unbekannt geblieben, dass bei diesem Massaker ausnahmsweise mal nicht griechische Zivilisten, sondern italienische Soldaten die Opfer waren.

    • Andreas Moser schreibt:

      Und hier ist der versprochene Artikel zum 8. Mai:
      https://andreas-moser.blog/2020/05/08/schlussstrich/

    • Dante schreibt:

      ….ich wundere mich, wie sich hier einige aufregen über die sachliche Darstellung eines schweren Kriegsverbrechens.

      Es ist noch nicht einmal ein Kriegsverbrechen, sondern Teil eines kaltblütigen Genozids, dem Kriegsziele sogar untergeordnet wurden.
      Wundern tu‘ ich mich nicht. Wer es tut, dem fehlt es am Glauben an das Böse im Menschen. Die Fälle Lügde, Münster, Bergisch Gladbach & Co. zeigen doch, dass es schlechte Menschen gibt …

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  18. Katja Albert schreibt:

    Danke für die persönlichen Eindrücke.
    In meiner Schulzeit wurden die Massaker von BabiJ Jar so lebendig im Geschichtsunterricht dargestellt, dass man sich der Alltäglichkeit des Grauens kaum entziehen konnte. Es hat mich geprägt.
    Auch weil mein Großvater Soldat im II. Weltkrieg war; er hätte auch zu Massenmorden abkommandiert werden können – oder war an anderen Morden beteiligt, von denen wir nichts wissen. Ich habe mit meiner Mutter den Weg ihres Vaters im Krieg rekonstruiert, soweit es möglich war; in Babij Jar war er nicht beteiligt. Aber wer weiß, an welcher Gulaschkanone sich Vorfahren von uns aufgewärmt haben vom Morden in den Ostgebieten.
    Ich werde die Ukraine und dortige Gedenkorte besuchen, sobald das wieder möglich ist.

    • Andreas Moser schreibt:

      Hallo Katja,

      ich habe mir zu meinen Großvätern auch die Akten von der Wehrmacht schicken lassen, weil ich mal den Weg nachreisen wollte. Mir geht es dabei weniger um die Familiengeschichte als vielmehr um die Erinnerungskultur, die Gedenkorte und was sich in den letzten 80 Jahren alles verändert hat.
      Aber jetzt scheiden Reisen nach Belarus und Russland ja erst einmal aus.
      Ich war diesen Sommer sogar noch einmal in der Ukraine, allerdings nur im vom Krieg nicht zu sehr betroffenen Südwesten, in den Karpaten – https://andreas-moser.blog/2022/08/20/kruhlyj-dilowe/ -. Aber eine richtige Reise durch die Ukraine fände ich jetzt auch verfrüht. Nicht unbedingt weil es gefährlich ist, sondern eher, weil man im Weg steht und dann auch noch etwas von dem knappen Strom und Trinkwasser nutzt.
      Aber hoffentlich bald wieder!

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